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Länder wollen für Steuer auf Luxus-Flugreisen werben
Einnahmen sollen in Klimaschutz und Entwicklungshilfe fließen
Paris. Flüge in den Premium-Klassen und mit Privatjets besteuern, um den Klimaschutz zu finanzieren: Für dieses Vorhaben will eine Gruppe von bislang gut einem Dutzend Ländern beim Weltklimagipfel COP 30 in Brasilien werben. »Wir wollen die Koalition ausbauen und vor allem mehr europäische Staaten mit ins Boot holen«, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus mit dem Vorhaben vertrauten Kreisen. Deutschland ist bislang nicht dabei.
Tatsächlich ist der CO2-Fußabdruck, den Passagiere der Business- und der ersten Klasse von Linienflügen hinterlassen, ungefähr dreimal so groß wie der von Passagieren in der Economy-Klasse. Privatjets stoßen sogar 14-mal so viel klimaschädliches CO2 pro Passagier und Flugkilometer aus wie Linienmaschinen.
Staaten, die bislang keine derartige Steuer auf Luxus-Flugreisen erheben, sollen dies nach dem Willen der Initiatoren künftig tun, um die Einnahmen in Klimaschutz und Entwicklungshilfe zu stecken. Staaten, die bereits solche Steuern haben wie etwa Frankreich, sollen diese erhöhen und breiter staffeln. Für Privatjets könnte die Steuer beispielsweise an den Kerosinverbrauch gekoppelt werden, aber auch andere Modelle sind in der Diskussion.
Angeführt wird die Initiative der Luxusflugsteuer-Befürworter von der Global Solidarity Levies Task Force, einer 2023 gegründeten und von Barbados, Kenia und Frankreich angeführten Gruppe. Bislang sind außerdem einige Inselstaaten und afrikanische Länder sowie Kolumbien, Dänemark und Spanien Mitglieder. Zudem gehören Organisationen wie die Weltbank und die Uno zu den Unterstützern. Die Task Force will die COP 30 im brasilianischen Belém nutzen, um ihr Vorhaben voranzutreiben.
»Wir brauchen eine innovative und faire Finanzierung« des Kampfes gegen den Klimawandel, betonte der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag beim Gipfeltreffen zahlreicher Staats- und Regierungschefs im Vorfeld der COP 30. »Es ist nur fair, wenn diejenigen, die am meisten haben und damit auch am meisten verschmutzen, ihren angemessenen Anteil zahlen«, pflichtete ihm der spanische Regierungschef Pedro Sánchez in seiner Rede am Freitag bei.
Gegenwind droht der Initiative von Seiten der Luftfahrtindustrie. Diese setzt darauf, mit luxuriösen Angeboten zahlungskräftige Passagiere an Bord zu locken. Air France etwa präsentierte im März ihre neu gestaltete erste Klasse. Auf Langstreckenflügen mit der Boeing 777 bietet die Fluggesellschaft betuchten Kunden künftig eigene »Suiten«, die über fünf Fenster, Lehnstuhl und einen zum Bett umwandelbaren Loungesessel verfügen.
Befürworter der Luxusflugsteuer argumentieren, dass die Ultrareichen ohnehin nicht besonders auf den Preis schauten und auch dann weiterhin fliegen werden, wenn die Ticketpreise steigen. »Vernünftig gestaltete Flugsteuern können kalkulierbare Einnahmen zur Klima- und Entwicklungsfinanzierung generieren und gleichzeitig Fairness und Solidarität stärken«, argumentiert die Gruppe der Befürworter in einem gemeinsamen Schreiben.
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Als Beispiel ziehen die Initiatoren die Malediven heran. Obwohl das Land vom Tourismus abhängig ist, erhebt es hohe Abflugsteuern: In der Business-Klasse sind umgerechnet gut 100 Euro fällig, in der ersten Klasse rund 207 Euro und für Privatjets 415 Euro. »Es gibt keinen Grund, warum andere Länder das nicht auch könnten«, heißt es von Seiten der Befürworter.
Die Klima-Allianz und der Dachverband der deutschen Entwicklungsorganisationen, Venro, haben die Bundesregierung in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zur COP 30 im Juni aufgefordert, eine »aktivere Rolle in der Global Solidarty Levies Task Force« einzunehmen, statt Beobachterstaat zu bleiben. Sie betonen, dass es einer »Erschließung innovativer Finanzierungsquellen nach dem Verursacherprinzip« bedarf, um die steigenden Kosten der Klimakrise insbesondere für ärmere Länder zu kompensieren.
Die Klimaexpertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, kritisierte, dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in seiner Rede beim Gipfel in Belém keine entsprechende Ankündigung gemacht hatte. Ein Beitritt Deutschlands wäre »ein wichtiger Schritt Richtung Klimagerechtigkeit«, mahnte sie.
Merz sagt Unterstützung für Tropenwald-Fonds zu
Der Kanzler hatte am Freitag stattdessen finanzielle Unterstützung für den neuen globalen Waldschutzfonds TFFF zugesagt. Deutschland werde »einen namhaften Betrag zum Gelingen dieser Initiative beisteuern«, so Merz in einer Rede bei dem Gipfel. Zum Erreichen der Klimaschutzziele müssten schließlich »der Tropenwald erhalten bleiben und gleichzeitig mehr Privatsektormittel mobilisiert werden«. Dies könne »nur gemeinsam mit den Partnern in Nord und Süd gelingen«.
Der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva hatte den Fonds namens Tropical Forest Forever Facility (TFFF) am Donnerstag bei dem zweitägigen Gipfeltreffen mit rund 50 Staats- und Regierungschefs auf den Weg gebracht. Der Fonds soll Milliardensummen anlegen und mit den Gewinnen diejenigen Tropenländer belohnen, die ihre Regenwälder schützen.
Bei seinem Start soll der TFFF zehn Milliarden Dollar (8,7 Milliarden Euro) umfassen, langfristig soll er vor allem dank privatwirtschaftlicher Investitionen auf 125 Milliarden Dollar anwachsen. Brasilien sowie Indonesien, das ebenfalls über große Tropenwälder verfügt, haben jeweils eine Milliarde Dollar (870 Millionen Euro) für den TFFF zugesagt.
Norwegen kündigte am Donnerstag an, wenn sich genügend andere Investoren beteiligten, werde es in den kommenden Jahren bis zu 30 Milliarden norwegische Kronen (2,56 Milliarden Euro) in das neuartige Klimaschutz-Instrument stecken. Damit umfassen die bisherigen Zusagen bereits etwa die Hälfte der für den Anfang benötigten zehn Milliarden Dollar. Experten verweisen allerdings darauf, dass für die konkrete technische Umsetzung des Fonds noch viele Fragen zu klären seien. Agenturen/nd
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