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Brandenburgs SPD macht es mit der CDU
Landtag billigt Medienstaatsverträge gegen den Willen der BSW-Fraktion
»So weit wage ich jetzt nicht zu denken, dass unsere Koalition hält bis 2042«, so sagt Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach (BSW). »Aber eins weiß ich: Wir haben das Land in dem knappen Jahr, in dem wir es jetzt regieren, gut regiert.«
Die Frage ist nur: Wie lange noch? Im Streit über zwei Medienstaatsverträge, deren Änderung von allen Landtagen gebilligt werden muss, entzweien sich die Koalitionspartner SPD und BSW zunehmend und die BSW-Fraktion zerlegt sich von Tag zu Tag Stück für Stück.
Das geht so weit, dass der stellvertretende BSW-Fraktionsvorsitzende Christian Dorst dem Finanzminister Crumbach nahelegte, Amt und Mandat zu trennen, also nicht neben seinem Ministerposten zusätzlich noch Landtagsabgeordneter zu bleiben. Nur seine Doppelfunktion ermöglicht es Crumbach am Mittwoch, der Änderung der Medienstaatsverträge zuzustimmen und dem Vorhaben im Parlament so eine Mehrheit zu sichern. Die übrigen Stimmen kommen vom Koalitionspartner SPD und von der oppositionellen CDU. Dabei schließt der Koalitionsvertrag eigentlich das Abstimmen mit wechselnden Mehrheiten aus und fordert ein stets einheitliches Agieren von SPD und BSW.
Von den vier BSW-Abgeordneten, die vergangene Woche aus der Partei ausgetreten, aber in der Fraktion geblieben sind, verlassen drei wie vorher angekündigt vor der entscheidenden namentlichen Abstimmung den Saal. Der vierte, Reinhard Simon, bleibt da und stimmt mit Nein. So kommt es zu einem Ergebnis von 45 zu 39, nach offizieller Zählung ohne Enthaltung.
Das BSW fühlt sich nicht verpflichtet, eine Reform von ARD, ZDF und Deutschlandfunk abzusegnen, die vor seiner Zeit ausgehandelt worden sei. Der Wagenknecht-Partei geht diese Reform nicht weit genug. Sie beschwert sich darüber hinaus, dass der Zensur eine Hintertür geöffnet werde.
Bevor Landtagsvizepräsident Rainer Genilke (CDU) am Mittwochnachmittag den betreffenden Tagesordnungspunkt sieben aufruft, begrüßt er eine Gruppe der Senioren-Union auf der Besuchertribüne. Die Gruppe kann dann zuschauen, wie sich die oppositionelle CDU der SPD als Retter in der Not und neuer Koalitionspartner empfehlen darf.
Der SPD-Abgeordnete Erik Stohn eröffnet die Debatte, indem er schmunzelnd die »lieben Fans des öffentlich-rechtlichen Rundfunks« begrüßt, die ihm zufolge heimlich Kulturradio hören oder denen unheimlich die Augen glänzen, wenn Sahra Wagenknecht bei Fernsehmoderator Markus Lanz auf dem Sofa sitze.
Der AfD-Abgeordnete Dennis Hohloch führt aus, warum viele Menschen und seine Partei nicht zu den Fans von ARD und ZDF gehören. Es fehle in diesen Sendern an Meinungsvielfalt. Es seien dort immer die selben Gesichter zu sehen und die selben Meinungen zu hören. Regierungskritische Stimmen kämen kaum zu Wort. Von den Politikern, die zu Gesprächsrunden eingeladen werden, gehörten weniger als ein Prozent der AfD an, beklagt Hohloch. Mit Kosten von neun Milliarden Euro im Jahr sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk der teuerste der Welt, aber leider nicht der beste.
Auch der BSW-Abgeordnete Falk Peschel ist unzufrieden mit dem Programm. Ein von staatlicher und politischer Beeinflussung freier Rundfunk sei »unverzichtbar«. Von kritischer Berichterstattung seien ARD und ZDF momentan aber weit entfernt und der Rundfunk stecke deshalb in einer Krise. Manchmal sei nicht sicher, ob diese Sender die Mächtigen kritisch begleiten oder aber vor Kritik schützen wollen. Peschel erklärt, es sei nicht auszuschließen, dass mit der Änderung der Medienstaatsverträge Kritik an der Aufrüstung künftig verfolgt werden könnte. Er beschwert sich über »deutlich zu hohe Gehälter und Produktionskosten«.
SPD und CDU versichern dagegen, dass die Reform gerade auch dazu diene, die Ausgaben nicht ins Unermessliche anwachsen zu lassen, sondern auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen. CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagt, er könne Peschel und dessen Mitstreiter nicht ernst nehmen. Es gehe dem BSW lediglich um eine Show und dies sei einer Regierungspartei unwürdig.
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