- Berlin
- Finanzen
Den Haushalt machen die Fraktionen allein
CDU und SPD präsentieren ihre Änderungen am Berliner Etat 2026/2027
Rund 44 Milliarden Euro – dies wird das Volumen des Berliner Doppelhaushalts der Jahre 2026 und 2027 sein. Ganz genau vermögen es die Koalitionsfraktionen CDU und SPD am Freitag nicht zu sagen. Sie informieren aber, an welchen Stellen sie vom Haushaltsentwurf des Senats abweichen, wo sie mehr zahlen wollen als vom Senat vorgesehen und welchen Projekten sie darüber hinaus etwas zukommen lassen möchten.
Auf 118 Millionen Euro summiert sich, was in eine Liste mit den Änderungen eingetragen ist. Das ist aber noch nicht alles. Weitere Ideen sind noch in Arbeit. Insgesamt wird es angeblich auf 160 bis 170 Millionen Euro hinauslaufen.
Insgesamt soll aber nicht mehr Geld ausgegeben werden als vom Senat beabsichtigt. Es sollen auch nicht mehr Schulden gemacht werden. Eine Haushaltsnotlage zu erklären, darauf könne verzichtet werden. So heißt es, als CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Pläne am Freitag um 13 Uhr in Raum 377 des Abgeordnetenhauses präsentieren.
Auf Kürzungen beim Renaissance-Theater solle nun doch verzichtet werden. Die Bezirke bekommen zusätzliche Mittel für 36 sogenannte Müllsheriffs. Zwölf Millionen Euro werden für die Reinigung von Spielplätzen locker gemacht. Es gibt auch Geld für neue Einsatzfahrzeuge für Polizei und Feuerwehr. Das sind so Dinge, die der CDU-Fraktionsvorsitzende Stettner beispielhaft nennt. »Uns war wichtig, dass in Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit unserer Stadt investiert wird«, sagt er.
Offen ist, was mit der Besoldung der Beamten wird. Fest steht nur, dass die vorher für ausreichend gehaltene Rücklage von 280 Millionen Euro nicht ausreicht für die Nachzahlungen, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch nun fällig werden könnten. Schätzungsweise eine dreistellige Millionensumme werde zusätzlich erforderlich sein, sagen CDU und SPD.
Gern würden die beiden Parteien alle bislang noch auf Honorarbasis beschäftigten Musikschullehrer umgehend fest anstellen, so versichert CDU-Poliker Stettner. Doch das würde 18 bis 20 Millionen Euro im Jahr kosten und die habe Berlin im Moment nicht übrig. Mit jeweils vier Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren solle aber ein Anfang gemacht werden, damit zumindest einige der betroffenen Musikschullehrer bald eine Festanstellung bekommen können. Hier geht es darum, endlich Konsequenzen aus einem Urteil des Bundessozialgerichts bereits aus dem Jahr 2022 zu ziehen.
»Ja, die Zeiten sind finanziell angespannt«, gibt SPD-Fraktionschef Saleh unumwunden zu. Doch die Koalition stehe seit ihrem Start im Jahr 2023 für Verlässlichkeit und habe sich von hektischen Forderungen der Opposition nicht beirren lassen. Saleh versichert: »Wir verscherbeln unseren Besitz nicht. Im Gegenteil: Wir investieren!«
Es gefällt dem SPD-Politiker nicht, wenn gesagt oder geschrieben wird, die Koalition rudere in dieser oder jener Frage zurück, weil die Abgeordneten nun noch Änderungen am Haushaltsentwurf vornehmen. Das sei doch völlig normal. Die Abgeordneten seien da selbstbewusst. »Der Senat macht uns Vorschläge, entscheiden tun wir!« Der Haushalt gilt immer erst, wenn ihn das Abgeordnetenhaus beschlossen hat, was nun aber geschehen kann.
Wichtig ist dem SPD-Fraktionschef neben anderen Dingen, dass bei den Frauenhäusern nicht gespart werde. Das nun gewährte Geld würde seinen Angaben zufolge sogar für eine zusätzliche Einrichtung reichen, in der Frauen vor ihren gewalttätigen Partnern Zuflucht finden. Saleh geht so weit, von einem feministischen Haushalt zu sprechen.
Die Opposition sieht das anders. »CDU und SPD stopfen Löcher, aber das Schiff bleibt leck«, kommentiert Linksfraktionschef Tobias Schulze. Schwarz-Rot verfüge über keine politische Strategie, wie das strukturelle Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben mittelfristig geschlossen werden könne und Wissenschaft, Kultur, Wissenschaft und vieles andere mehr dauerhaft zu sichern wären. »Die realen Probleme werden nicht gelöst, sondern nur übertüncht«, sagt Schulze.
Den mangelhaften Schutz von Frauen vor Gewalt zählt er dazu. Mit den angekündigten Änderungen am Haushaltsentwurf würden lediglich kleinteilige Reparaturen vorgenommen und kleinere Wahlgeschenke verteilt, um angesichts der Abgeordnetenhauswahl im September 2026 die Unzufriedenheit mit der Politik des Senats zu dämpfen. Grundlegende Fehlentscheidungen wie etwa die Preiserhöhung für das Sozialticket und die Kürzungen bei den Hochschulen werden nicht zurückgenommen, sagt der Linksfraktionschef. »Damit setzt die Koalition ihre haushaltspolitische Geisterfahrt in Richtung Abbruchkante fort.«
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.