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Juristisches Tauziehen bis zur letzten Minute
Gießen bereitet sich auf den Protest gegen die AfD-Jugend vor
Eine Demonstration von 800 Schüler*innen ist am Freitagmittag das deutlichste Zeichen, dass in Gießen kein normales Wochenende bevorsteht. Am Samstag will sich in der mittelhessischen Stadt die neue Jugendorganisation der AfD gründen. Dagegen gehen die »Schülis gegen Rechts« schon am Freitag auf die Straße. Eigentlich ist die Demo als Schulstreik geplant, aber streiken müssen Gießener Schüler*innen am Freitag nicht. Die Stadt hat den Eltern freigestellt, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken. Aufgrund der Anti-AfD-Proteste, die am Samstag beginnen, befürchtet man in der Stadt schon am Freitag ein den Schulbesuch erschwerendes Verkehrschaos.
Die Demo der Schüler*innen verläuft ohne Zwischenfälle, einzig rechte Youtuber stören am Rand. Bei der Demo wird derweil immer wieder dazu aufgerufen, sich den Aktionen des Bündnisses »Widersetzen« anzuschließen, das den Gründungskongress der AfD-Jugend verhindern will.
Bei »Widersetzen« selbst ist man durchaus selbstbewusst. Bei einer Pressekonferenz am Freitagvormittag blickt man auf die Geschichte des Bündnisses und die Proteste gegen die AfD-Parteitage in Essen und Riesa zurück. In Riesa hat man es immerhin geschafft, das Treffen der Rechten um zwei Stunden zu verzögern. Diesen Erfolg will man ausbauen. Die »größte antifaschistische Mobilisierung, die es je in Deutschland gab«, kündigt Bündnissprecherin Rieke Becker an. Diese Mobilisierung sei auch nötig, so Becker, weil man sich auf den Staat einfach nicht verlassen könne. Oder, wie es Renate Weber von den Omas gegen Rechts sagt: »Solange die Politik nicht einmal ein AfD-Verbot prüft, müssen wir selbst aktiv werden und solche Treffen verhindern.«
Wie das mit der Verhinderung genau klappen soll, also wo der AfD-Nachwuchs blockiert werden soll, verrät »Widersetzen« am Freitag natürlich noch nicht. Eine gewisse Entschlossenheit will man aber vermitteln. Suraj Mailitafi sagt etwa, dass Zehntausende Menschen die Hessenhallen blockieren und nicht weichen werden. Demos alleine »reichen nicht mehr«, so Mailitafi, alle die könnten, sollten sich »mit ihren Körpern den Faschisten entgegenstellen«. Stadt und Polizei wirft er vor, der AfD-Jugend den roten Teppich auszurollen. Die Gießener Weststadt werde zur »demokratiefreien« Zone erklärt.
Wie viel Demokratie, genauer gesagt, wie viel Versammlungsrecht in Gießen gilt, darüber wurde auch Freitagabend noch vor Gericht gestritten. Acht Verfahren hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die Proteste zu entscheiden. So hatte zum Beispiel der DGB geklagt, weil seine Demo mit erwarteten 30 000 Teilnehmer*innen nicht bis zu den Hessenhallen ziehen darf. Das Verwaltungsgericht hatte entsprechende Auflagen der Behörden bestätigt. Die Behörden wiederum haben Widerspruch gegen Gerichtsentscheidungen eingelegt, die mehrere, kleinere Kundgebungen von Attac und der Linken in der Nähe der Messehallen bestätigt haben. Vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof hieß es am Freitagnachmittag, dass man noch am Abend entscheiden werde und hoffe, zwischen 18 und 19 Uhr die Entscheidungen zu veröffentlichen. Veranstalter*innen von Protestkundgebungen wäre danach noch eine Eilbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht möglich.
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