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Sicherheitsstrategie der USA will Dominanz in Lateinamerika
US-Regierung knüpft mit Monroe-Doktrin an Zeit des Kalten Krieges an
In Europa schlägt die neue Sicherheitsstrategie der USA hohe Wellen. Darin kündigt die US-Regierung an, sich auf dem alten Kontinent künftig politisch einmischen zu wollen und rechte Parteien zu unterstützen. Wesentlich härtere Maßnahmen sieht das vergangene Woche veröffentlichte Dokument allerdings gegenüber Lateinamerika vor. Die USA streben in ihrer direkten Nachbarschaft die politische und wirtschaftliche Dominanz an – abgesichert auch durch militärische Mittel.
»Nach Jahren der Vernachlässigung werden die Vereinigten Staaten die Monroe-Doktrin wieder geltend machen und durchsetzen, um die Vorrangstellung in der westlichen Hemisphäre wiederherzustellen«, heißt es in dem Kapitel über Lateinamerika. Mittels »befreundeter« Regierungen sollen Migrations- und Drogenflüsse gestoppt werden, »einschließlich der Anwendung tödlicher Gewalt, wo dies notwendig ist.« Auch betont die Sicherheitsstrategie das Ziel, die »strategischen Rohstoffe« Lateinamerikas »gemeinsam mit regionalen Verbündeten zu erschließen«.
Es gehe darum, internationale Konkurrenten aus der Hemisphäre fernzuhalten. »Alle Länder sollten sich entscheiden, ob sie in einer von den USA geführten Welt souveräner Staaten und freier Volkswirtschaften leben wollen oder in einer Parallelwelt.«
In der Sicherheitsstrategie wird die neue Ausrichtung gegenüber Lateinamerika als »Trump-Zusatz« zur alten Monroe-Doktrin bezeichnet. Im Jahr 1823 hatte der damalige US-Präsident James Monroe vor dem Kongress erklärt, die europäischen Mächte sollten sich nicht in die Angelegenheiten der neu entstehenden Staaten Lateinamerikas einmischen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich daraus die entsprechende Doktrin als zentraler Pfeiler der US-Außenpolitik. Die spätere Weltmacht nahm für sich das Recht in Anspruch, ihre Interessen im »Hinterhof« rigoros durchzusetzen.
In der Geschichte häufig an neue Umstände angepasst, schien die Monroe-Doktrin mit dem Ende des Kalten Krieges an Relevanz zu verlieren. Unter Trump jedoch änderte sich dies. Was Anfang des Jahres mit der Erpressung in Zoll- und Migrationsfragen begann, nimmt längst militärische Züge an. Seit August schicken die USA unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung tausende Soldaten in die südliche Karibik. Diese versenkten unter Missachtung des Völkerrechts bereits mehr als 20 angebliche »Drogenboote« und töteten fast 90 Personen. Trump spricht offen davon, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro stürzen zu wollen.
Am Mittwoch kaperten US-Streitkräfte erstmals einen venezolanischen Öltanker und versuchen somit, den Druck auf die venezolanische Regierung weiter zu erhöhen. Zuletzt drohte Trump auch Kolumbien und Mexiko mit militärischen Schlägen gegen Kartellstrukturen und bezeichnete Kolumbiens linken Präsidenten Gustavo Petro nach dessen Kritik an dem militärischen Vorgehen der USA als »Drogenbaron«. Gegenüber Ecuador, das auch unter gravierenden Sicherheitsproblemen infolge des ausufernden Drogenhandels leidet, aber von einem rechten und US-freundlichen Präsidenten regiert wird, halten sich die USA hingegen zurück.
Die neue Sicherheitsstrategie formuliert somit das aus, was die Trump-Regierung bereits seit Monaten praktiziert: Die USA wollen die gesamte Region in die klassische Hinterhof-Rolle zurückdrängen. Unter Anspielung auf Trumps Vornamen ist medial von der »Donroe-Doktrin« die Rede. Diese richtet sie sich heute einerseits gegen China, das seinen Einfluss in Lateinamerika über Handelsbeziehungen und Infrastrukturprojekte in den vergangenen 25 Jahren erheblich ausbauen konnte. Es geht Trump aber auch darum, souveräne lateinamerikanische Politik zu unterbinden und seine Interessen über lokale Verbündete wie die Präsidenten Nayib Bukele in El Salvador oder Javier Milei in Argentinien durchzusetzen.
Durch eine Mischung aus Drohungen und Anreizen mischt sich Trump dazu aktiv in Wahlkämpfe ein. »Wir werden Regierungen, politische Parteien und Bewegungen der Region, die weitgehend mit unseren Prinzipien und unserer Strategie übereinstimmen, belohnen und ermutigen«, heißt es dazu in der Sicherheitsstrategie. Nach der kürzlichen Abwahl der linken Regierung in Bolivien und Honduras könnten die Wahlen in Chile am Sonntag den rechtsextremen Trump-Verbündeten José Antonio Kast an die Macht bringen. Und im kommenden Jahr stehen in den Mitte-links-regierten Ländern Kolumbien und Brasilien Präsidentschaftswahlen an. Nötig wäre ein gemeinsames lateinamerikanisches Vorgehen gegen den US-Einfluss. Doch der Kontinent ist politisch gespalten.
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