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Christian Heidel: Der FSV Mainz 05 ist »keine Baustelle«
Mit Erfahrung und Trainer Urs Fischer soll die nächste sagenhafte Aufholfjagd gelingen
Abschalten über die Feiertage? Besinnliche Weihnachten? Christian Heidel schüttelte am vierten Advent sofort den Kopf. Er wolle nicht leugnen, sagte der Sportvorstand des FSV Mainz 05, dass auch er »am Heiligabend und ersten Weihnachtstag mal kurz an was anderes denkt«. Ansonsten sei Arbeit angesagt. »Wenn man bis zum 15. Spieltag nur ein Spiel gewinnt, ist vieles schiefgelaufen.«
Mal wieder schrillen an einem wirtschaftlich gesunden Standort des Fußball-Mittelstandes vor dem Jahreswechsel sportlich die Alarmglocken. Nach einem folgerichtig torlosen Kellerduell fürs Gruselkabinett gegen den FC St. Pauli überwintern die Nullfünfer mit mickrigen acht Zählern in der Bundesliga als Schlusslicht. Was Hoffnung macht? Der Macher kennt das alles schon. Der gebürtige Mainzer Heidel wäre zu Weihnachten 2020 nicht zurückgekehrt, wenn sich sein Heimatverein damals nicht im freien Fall befunden hätte. Insofern stellte er nun heraus: »Man kann das überhaupt nicht vergleichen!« Jetzt habe man »Ruhe im Klub, eine stabile Mannschaft«. Damals habe man »komplett alles getauscht und auf den Kopf gestellt. Das ist jetzt überhaupt nicht notwendig.«
Fünf, sechs Abstiegskämpfe
Heidel setzt auf die Erfahrung, dass Mainz seit dem Bundesliga-Aufstieg 2009 »fünf, sechs schwierige Abstiegskämpfe gemeistert« hat. Wie vor fünf Jahren, als der von ihm zurückgeholte Trainer Bo Svensson mit nur sechs Punkten eine sagenhafte Aufholjagd startete, die sich unter Coach Bo Henriksen 2024 noch mal wiederholte, als der Klub nach 21 Spieltagen mit zwölf Zählern auf einem Abstiegsplatz rangierte.
In der Saison danach führte Henriksen Mainz in den Europapokal, ehe diese Saison wieder eine Talfahrt einsetzte, obwohl es im Sommer kaum Veränderungen im Kader gegeben hatte. Die Zusatzbelastung auf internationaler Bühne ist für Heidel keine Erklärung: »Das ist absoluter Quatsch. Die Jungs sind in der Lage, zwei Spiele in der Woche zu spielen. Das ist für mich eine Ausrede.« Vom besonnenen Schweizer Urs Fischer wird nun erwartet, in die Fußstapfen der dänischen Retter zu treten. Alles, was der neue Trainer mache, lobte Heidel, habe Hand und Fuß, wobei dessen pragmatischer Ansatz gerne ignoriert, dass die Bundesliga ein Unterhaltungsbetrieb ist.
Seit vier Spielen trägt Fischer die Verantwortung, nach dem Remis im Heimspiel am Sonntag gegen den Drittletzten St. Pauli benannte er ein Manko seiner Mainzer Mannschaft: »Wir hatten 13 Torschüsse, aber nur einer kam aufs Tor.« Ein Punkt war für solch eine Minusleistung das Höchste an vorweihnachtlicher Belohnung. Der Trainer wollte sein Team nicht zu sehr kritisieren, zumal gerade beim 2:2 gegen den FC Bayern und beim 2:0 in der Conference League gegen Samsunspor ein Höchstmaß an Effektivität zum Erfolg geführt hatte. Immerhin: Fischer, noch ohne Niederlage, ist es gelungen, das Gefüge zu stabilisieren.
Eiserne Erfolge
Beim 1. FC Union Berlin diente einst ein eisernes Fundament als Grundlage für Fischers erfolgreiche Arbeit. Auch in Mainz gebe es eine Basis, man sei »keine Baustelle«, erklärte Heidel. Trotzdem braucht es neue Impulse vom Transfermarkt, vor allem ein Torjäger steht auf der Wunschliste. Den Manager nervt der Vorwurf, nach dem Abgang von Jonathan Burkardt zu Eintracht Frankfurt zu viel Vertrauen in Nelson Weiper gesetzt zu haben. »Der Junge ist 20 Jahre alt, das wird immer wieder vergessen.« Vergleiche mit einem A-Nationalspieler, der als gereifter Kapitän mit 25 Jahren in der Vorsaison 18 Tore beigesteuert habe, seien nicht zielführend: »Wir hatten die Hoffnung, dass Nelly (Weiper) in diese Position reinkommt. Im Nachhinein ist man immer schlauer.«
Am besten kommt der stürmende Hoffnungsträger recht rasch. Am 2. Januar ist Trainingsstart. Danach geht es vom 10. bis 17. Januar in drei Spielen gegen Union Berlin, den 1. FC Heidenheim und den 1. FC Köln. Gegner, die eigentlich immer noch die Kragenweite von Mainz sein müssten.
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