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Fehldiagnose

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Der Patient war vorsichtig. Als bei einer routinemäßigen Prostata-Untersuchung verdächtige Blutwerte festgestellt wurden, ließ der Mann Gewebeproben entnehmen und analysieren. Aus dem beauftragten Institut kam eine Hiobs-Botschaft: Prostata-Krebs. Auf Empfehlung eines Urologen wurde in einer Uni-Klinik die Prostata des Mannes komplett entfernt. Bei der anschließenden Untersuchung der Prostata gab es eine Überraschung: In 116 Schnittpräparaten konnte kein bösartiges Gewebe festgestellt werden. Freilich nur ein schwacher Trost für den Patienten, denn nun machen ihm die Folgen der Prostata-Entfernung (Harninkontinenz und Impotenz) das Leben schwer. Wegen der folgenreichen Fehldiagnose verlangte der Mann vom Pathologen Schmerzensgeld. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat dem leidgeprüften Patienten 100000 Mark zugesprochen. Veränderungen in der Prostata seien außerordentlich schwer zu beurteilen, es komme daher häufig zu Fehlinterpretationen, führte das (sachverständig beratene) OLG aus. Deshalb müsse bei Verdacht auf Krebs der Befund mehrfach überprüft werden - das habe der Arzt hier versäumt. Der Gerichtsgutachter habe bei der Nachuntersuchung der als bösartig eingestuften Gewebeprobe und des entfernten Organs keine Hinweise auf Krebs gefunden. Bedenkliche Blutwerte könnten ihre Ursache nicht nur in einem Karzinom haben, sondern auch auf eine chronische Prostata-Entzündung zurückzuführen sein. Um so wichtiger sei eine gründliche Diagnose, zumal dem erfahrenen Arzt klar sein musste, dass seine Krebs-Diagnose zu einer radikalen Prostata-Operation führen würde. Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Juli 2001 - 1 U 64/00

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