Die Rezension - Werbediarrhöe

Werbespots, in denen Menschen erzählen, sie wären nun endlich »diese Schwere« losgeworden – soll heißen, sie waren auf der Toilette – sind in doppelter Hinsicht ein Ärgernis. Erstens: Warum wird man mit dem Stuhlgang fremder Menschen belästigt? Zweitens: Das beworbene Produkt ist höchstwahrscheinlich gar nicht für die angepriesene Wirkung verantwortlich und hat eventuell sogar schädliche Auswirkungen auf den Darmtrakt des Hilfesuchenden.

Zu diesem Schluss kommen zumindest die Autoren des Buches »Pillen, Pulver, Powerstoffe«, Udo Pollmer und Susanne Warmuth, die Nahrungsergänzungsmittel und sogenanntes »Functional Food« (Essen mit vermeintlichem Mehrwert als nur Nährwert) kritisch unter die Lupe nehmen. Erwähnte Darmpflege oder wahlweise auch »Stärkung des Immunsystems« sollen laut Werbung Milchprodukten zugesetzte Probiotika verantworten. Dass diese probiotischen Keime ursprünglich in der Schweinemast eingesetzt wurden, wo sie für eine schnellere Gewichtszunahme sorgen sollten, verschweigen die in Sachen menschlicher Fäkalien sonst so mitteilungsfreudigen Werbefiguren. Und auch, dass sie aus eben diesen gewonnen wurden und durchaus unerwünschte Wirkungen auf den menschlichen Organismus haben können.

Pollmer und Warmuth räumen wie beim Beispiel Probiotika mit zahlreichen Mythen und vorsätzlichen Falschaussagen der Werbe- und Nahrungsmittelwirtschaft auf. Und dies nicht in einem drögen wissenschaftlichen Jargon und Schreibstil, sondern amüsant, abwechslungsreich und polemisch – jedoch nicht auf Kosten der Fakten und Nennung ihrer Quellen.

Udo Pollmer, Susanne Warmuth: Pillen, Pulver, Powerstoffe, 205 S., 19,95 EUR.

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