Gegen Privatisierung und Abbau

Eisenbahngewerkschafter aus ganz Europa protestieren in Paris

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Gegen die zunehmende Liberalisierung und Privatisierung im Eisenbahnsektor gingen am Donnerstag in Paris 20 000 Gewerkschafter aus ganz Europa auf die Straße.

Es sind überall die gleichen Probleme, die Eisenbahner zusammen auf die Straße bringen, bestätigt Dieter Mohr von der deutschen TRANSNET, der mit 30 Kollegen aus dem Saarland angereist ist. »Zusammen kämpfen«, steht in acht Sprachen auf dem Plakat eines Eisenbahners aus Toulouse.

Stein des Anstoßes sind europäische Richtlinien der letzten Jahre, die den Weg für eine Aufspaltung der Staatsbahnen und internationalen Verdrängungswettbewerb auf dem Rücken von Beschäftigten, Kunden, Sicherheit und Umwelt gebahnt und zur Vernichtung zahlreicher Arbeitsplätze geführt haben. »Keine weitere Liberalisierung und Zerschlagung« fordert die Europäischen Transportarbeiterföderation (ETF). Anstatt die Bahnen in die Hand privater Investoren zu legen, sollten sie als Rückgrat eines sozialen und ökologischen Verkehrssystems vom Staat gefördert werden, so der Dachverband.

Agapito Alcarazo von der spanischen UGT beklagt, dass die Trennung von Infrastruktur und Betrieb und das Vordringen privater Güterbahnen für die Beschäftigten zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse mit sich bringe. Ähnlich äußern sich seine Kollegen von der portugiesischen CGTP und der französischen SUDRail. Die Ungarin Erika Tamasz beklagt den Flurschaden, den der Brüsseler Liberalisierungsdruck in ihrem Land angerichtet hat. Aus dem bunten Fahnenmeer ragt die französische CGT heraus, die die Mehrzahl der Demonstranten stellt. »Vor der Liberalisierung hatten wir mehr Güter auf der Schiene«, stellt CGT-Chef Bernard Thibault fest.

Aus Großbritannien, wo die Privatisierung der früheren British Rail vor rund 14 Jahren begann, sind starke Delegationen der Bahngewerkschaften RMT und TSSA angereist. TSSA-Vorsitzender Andy Bain warnt vor einem »Imperialismus« und Wirtschaftskrieg bisheriger Staatsbahnen. So hat die Deutsche Bahn inzwischen die größte britische Güterbahn EWS geschluckt. Die TSSA hatte 2004 beim Labour-Parteitag einen Beschluss pro Wiederverstaatlichung der Bahnen durchgesetzt.

Auch RMT-Vorstandsmitglied Alex Gordon lässt nicht locker: »Wenn jetzt Neuseeland die Eisenbahn wieder verstaatlicht hat, dann können wir das in Großbritannien auch.« RMT-Mitglieder verteilen an die Demonstranten eine DVD mit mehrsprachigen Untertiteln, die für eine europaweite Kampagne gegen Bahnprivatisierung, Lissabon-Vertrag und den Abbau von Gewerkschaftsrechten wirbt. »Diese Demonstration muss der Auftakt für eine starke Bewegung sein, mit der wir die europäischen Regierungen zur Abkehr von der Privatisierung zwingen und die Fragmentierung der Bahnen und ihrer Belegschaften überwinden müssen«, fordert Gordon und hofft, dass der deutsche Bahnbörsengang nie stattfinden wird. Unterdessen wirbt ein kritischer Hamburger Eisenbahner für Widerstand gegen die Streichung internationaler Nachtzüge von der Hansestadt nach Brüssel/Paris und in alpine Wintersportgebiete. Auch die Stilllegung »unrentabler« Verbindungen sei eine direkte Folge überhöhter Renditeerwartungen.

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