Ein Schiff wird kommen ...

»Aurora Borealis« wird erstes Bohrschiff für Einsatz am Nordpol

  • Gert Lange
  • Lesedauer: 2 Min.
In der vergangenen Woche haben das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (Stammsitz Bremerhaven) und das Hamburger Ingenieurbüro SCHIFFKO (jetzt Wärtsila Ship Design Germany) ein neues Schiff vorgestellt, das die Funktionen eines Eisbrechers, eines Forschungsschiffs und eines Tiefsee-Bohrschiffs in sich vereint. Der Alleskönner heißt »Aurora Borealis« (Nordlicht).

Das Nordpolarmeer ist bis heute der rätselhafteste Ozean unseres Planeten. Weil er im Sommer wie im Winter von einer zwar schwindenden, aber immer noch riesigen Eiskruste bedeckt ist. Der Frostschorf erschwert nicht nur die Erforschung des bis zu 5000 Meter tiefen Wasserkörpers, sondern auch des Ozeanbodens. Deshalb wissen wir noch ziemlich wenig über die Entstehung und die Klimageschichte des arktischen Beckens. Das soll sich bis zum Jahre 2014 ändern, falls die »Aurora Borealis« planmäßig fertig wird. Dann wird es zum ersten Mal möglich sein, auch inmitten einer driftenden Eisplatte punktgenau in bis zu 5000 Meter tiefem Wasser noch tausend Meter lange Sedimentkerne aus dem Meeresboden zu ziehen. Die Bohrkerne enthalten Informationen über die Umweltveränderungen in dieser Region.

Vorarbeiten für die »Aurora Borealis« haben sich über mehrere Jahre hingezogen. Eine bisher einmalige Bohrung auf dem Lomonossow-Rücken (2004) hatte der Debatte entscheidenden Auftrieb gegeben. Damals mussten zwei Eisbrecher ununterbrochen um die Bohrstelle herumfahren, damit das Versorgungsschiff mit dem Bohrgestänge nicht abgetrieben wurde. Zwei Jahre später empfahl der deutsche Wissenschaftsrat, mit Beteiligung der EU und weiterer interessierter Länder eine neue Forschungsbasis für die Arktis zu entwickeln. Zur Zeit vereint das European Polar Research Icebreaker Consortium 15 Institutionen aus zehn europäischen Ländern.

»Aurora Borealis« ist 200 Meter lang, 49 Meter breit und hat einen Tiefgang von 13 Metern. Eine spezielle Rumpfform erlaubt es, 2,5 Meter dicke Eisfelder mit einer Geschwindigkeit von drei Knoten zu durchfahren und Eisrücken bis 15 Meter Höhe zu spalten. In der Mitte des Schiffs befindet sich der vom Kiel aus 85 Meter hohe Bohrturm, der ummantelt und beheizbar ist, sodass noch bei Außentemperaturen von minus 30 °C gebohrt werden kann. Über einen zweiten Schacht gelangen Roboter und andere wissenschaftliche Geräte in die Tiefe. Als absolute Neuheit wird das dynamische Positionierungssystem angesehen: eine Kombination dreier verstellbarer Heckpropeller und sechs Seitenstrahlanlagen.

»Mit Aurora Borealis haben wir den Prototyp der zweiten Generation moderner Polarforschungsschiffe. Damit können wir die vielen Fragen lösen, die noch offen und angesichts der Tatsache zu beantworten sind, dass die Arktis nicht nur besonders sensibel auf den Klimawandel reagiert, sondern ihn selbst antreibt«, sagte Jörn Thiede, einer der Initiatoren des Projekts. Die Baukosten des Schiffs werden auf ca. 650 Millionen Euro veranschlagt. Geplanter Baubeginn: 2012.

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