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Die Kreditklemme und die Folgen

  • Rudolf Hickel
  • Lesedauer: 3 Min.
»So lange das Versagen des Bankensystems nicht überwunden wird, ist nicht mit einem Ende der Wirtschaftskrise zu rechnen.«
»So lange das Versagen des Bankensystems nicht überwunden wird, ist nicht mit einem Ende der Wirtschaftskrise zu rechnen.«

Wenige Bankenkritiker haben es vorausgesagt und leider Recht bekommen. Die Finanzmarktkrise schlägt mit Wucht auf die Produktionsunternehmen durch. Betroffen sind nicht nur große, sondern auch mittlere und kleine Unternehmen. Der Transportweg ist die restriktive Kreditvergabepolitik. Eine schädliche Mischung von Kreditdschungel und Kreditklemme kann selbst vom Bundesverband der deutschen Banken, dem die Deutsche Bank ebenso angehört wie die praktisch vollverstaatlichte Hypo Real Estate, nicht mehr bestritten werden.

Die Ursachen liegen auf der Hand: In den Bilanzen der Banken, die sich im Kasinokapitalismus verzockt haben, lagern mehr oder weniger wertlose Finanzmarktprodukte. Diese Last führt dazu, dass die Banken keine Kredite mehr vergeben oder aber die geforderten Zinssätze über Risikozuschläge erhöhen. Die selbst erzeugte Not vieler Banken wird auf Unternehmen übergewälzt, die einen Kredit zur Überbrückung von Engpässen benötigen. Die Beschäftigten sind am Ende die Opfer.

Eine Befragung von 129 Unternehmensbeauftragten der IG Metall, die Betriebsräte in den Produktionsstätten der deutschen Stahl, Metall- und Elektroindustrie betreuen, offenbart die Dramatik: Hunderttausende Arbeitsplätze sind bedroht, weil Unternehmen unter drohender Zahlungsunfähigkeit leiden. Das ist auch in anderen Branchen mit kreditabhängigen Unternehmen zu beobachten.

Deshalb muss es vorrangiges Ziel sein, die Kreditklemme abzubauen. Die Bundesregierung sieht durchaus Maßnahmen vor, um die Fremdfinanzierung der Unternehmen zu verbessern. Über das Konjunkturprogramm II soll der Wirtschaftsfonds Deutschland mit 115 Milliarden über Bürgschaften und Zinserleichterungen helfen. Auch mittlere und kleinere Unternehmen sollen unterstützt werden. Der Werkzeugkasten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sieht einen Sonderfonds über 40 Milliarden zur Konjunkturstützung vor.

Im Zuge der Realisierung dieses Notprogramms zeigen sich Systemstörungen bei den Banken. Kleinunternehmen wird der Zugang zu verbilligten Krediten erschwert. Mit ihrer Strategie, sich selbst zu retten, versagen große Teile der Kreditwirtschaft. Deshalb fordert die IG Metall: »Die Banken müssen die enormen staatlichen Hilfen nutzen, um günstiges Geld in die Realwirtschaft zu pumpen – und so Arbeitsplätze zu retten.« Einen wesentlichen Engpass bildet das Hausbankprinzip. Unternehmen müssen die durch die KfW staatlich unterstützten Kredite über ihre jeweilige Hausbank abwickeln. Und die erweist sich als risikoscheu. Die Geschäftsaussichten der Unternehmen werden viel zu pessimistisch eingeschätzt. Hausbanken müssen schnellstens dazu veranlasst werden, stärker in das staatlich reduzierte Risiko der Kreditvergabe einsteigen.

Da jedoch mit einem grundlegenden Strategiewechsel der Banken kaum zu rechnen ist, muss vor allem Kleinunternehmen direkter Zugang zu günstigen Krediten verschafft werden. Dazu genutzt werden könnten die landesbezogenen Aufbaubanken, vorstellbar wäre auch eine durch den Bund abgesicherte Einrichtung, mit Nebenstellen in Ländern und Kommunen. Angesichts des Versagens der Banken könnte dies als Einstieg in die Verstaatlichung der Institute dienen. Banken, die ohne Rücksicht auf ihre gesamtwirtschaftliche Funktion nur auf Renditesteigerung achten, verlieren ihre Existenzberechtigung. Denn so lange das Versagen der Bankensystems nicht überwunden wird, ist auch nicht mit einem Ende der Wirtschaftskrise zu rechnen.

In der wöchentlichen ND-Wirtschaftskolumne erläutern der Philosoph Robert Kurz, der Ökonom Harry Nick, die Wirtschaftsexpertin Christa Luft und der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel Hintergründe aktueller Vorgänge.

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