Kamikaze

Martin Kröger hat Fragen zum Zeigen einer Waffe

  • Lesedauer: 2 Min.

Nach Polizeiangaben scheint der Fall klar zu sein: Ein Zivilfahnder, der einen Mann festnehmen will, weil der ein Loch in einen Maschendrahtzaun des Flugfelds Tempelhof knipst, fühlt sich durch 20 Autonome bedroht. Aus Gründen der Eigensicherung, wie es im Polizeijargon lautet, zieht er seine Dienstwaffe. Ganz den polizeilichen Trainings gemäß, hält er diese nach unten, ohne den Finger am Abzug zu haben. Vorbildlich, wie ein Polizeisprecher betont.

Ein anderer, Thomas Goldack, der Leiter der Pressestelle der Polizei, ist zum selben Zeitpunkt vor Ort. Auch er ist auf den Bildern der »Berliner Morgenpost« zu erkennen. Er spricht später ebenfalls von einem »klaren Fall von Eigensicherung«. Es habe sich um eine versuchte Gefangenenbefreiung gehandelt, gegen die sich der Kollege schützen musste. »Wenn so eine Horde anstürmt, bekommt man schon mal Angst«, sagte Goldack der dpa.

Er selber hatte demnach offenbar keine, oder wie soll man ein solches Zitat verstehen? Doch dies ist nur eine Frage, die das Ziehen einer Schusswaffe auf einer bis dahin absolut friedlichen Demonstration aufwirft. Zwar behauptet die Polizei, das Zeigen der Waffe sei in dieser Situation rechtlich einwandfrei. Doch intern scheint man sich da nicht so sicher zu sein. Heißt es doch, der Vorfall werde geprüft.

Irritierend ist auch die Betonung des vorschriftsgemäßen Haltens der Waffe. Auf einem Foto scheinen die Angaben der Polizei bestätigt zu sein. Auf einem anderen sieht es aber so aus, als wenn der Zivilbeamte zumindest auf die Beine eines mutmaßlichen Angreifers zielt. Ob der Finger nicht doch am Abzug ist, kann man nicht erkennen. Der Punkt ist aber: Warum hat der Zivilpolizist nicht einen Festnahmetrupp auf den angeblichen Delinquenten aufmerksam gemacht? Genau wie es bei der Polizei etwa am 1. Mai üblich ist. Stattdessen führt er eine verantwortungslose Kamikaze-Aktion durch. Der Druck, den die Medien seit Wochen aufbauen, muss enorm auf der Polizei lasten.

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