Déjà-vu auf dem schwarzen Kontinent

Bilanz der Afrikareise von Hillary Clinton – Analysten sehen strategische Interessen im Vordergrund

  • Hans-Georg Schleicher
  • Lesedauer: 3 Min.
In Washington werden die Ergebnisse der Afrikareise von US-Außenministerin Hillary Clinton bilanziert. Die elftägige Tour führte sie nach Kenia, Südafrika, Angola, in die Demokratische Republik Kongo, nach Nigeria, Liberia und den Kapverden.

Im Township bei Kapstadt legte Hillary Clinton Hand an bei einem Wohnungsbauprojekt, im ostkongolesischen Goma besuchte sie ein Flüchtlingscamp, sie diskutierte mit afrikanischen Studenten und traf Nelson Mandela. Da gab es manches Déjà-vu-Erlebnis für die US-amerikanische Außenministerin. Bereits vor zwölfJahren hatte sie – damals als First Lady – eine solche Tour unternommen und das Afrika-Engagement der Clinton-Administration demonstriert, das dann 1998 in einer Reise des Präsidenten und mit seiner Afrika-Initiative ihren Höhepunkt fand.

Diesmal unterstrich die US-amerikanische Außenministerin zum Beginn ihrer Tour in Nairobi auf einer Afrika-Konferenz das enorme Potenzial des Kontinents, eine Aussage, auf die sie immer wieder zurückkam. US-Präsident Obama hatte bei einem Kurzbesuch in Ghana verkündet, die Menschen in Afrika verdienten bessere Lebensbedingungen. Hillary Clinton vertiefte diese Botschaft. In politischen Spitzengesprächen eher diplomatisch und konziliant, aber auch dort schon mal mit einer klaren Sprache, übte sie Kritik vor allem in öffentlichen Veranstaltungen. Sie geißelte Korruption und schlechte Regierungsführung, mahnte demokratische Reformen und Einhaltung der Menschenrechte an und lobte Fortschritte, wo sie solche registrierte. Als Maßstab legte sie westliche Wertvorstellungen an, vor allem »Gute Regierungsführung«. Da war es schon erfrischend, wie Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane reagierte. Sie demonstrierte afrikanisches Selbstbewusstsein und sprach von Erwartungen an die USA – Unterstützung von Reformen in der internationalen Arena, sie nannte die überfällige UN-Reform und eine Transformation von Weltbank und Währungsfonds, erwähnte die Zwei-Staaten-Lösung in Nahost und wies auf Abrüstung, Wirtschaftskrise und Klimawandel hin.

Die wirtschaftlichen und politischen Interessen Washingtons wurden durch die Auswahl der Reiseländer unterstrichen – unter ihnen die größten Ölproduzenten des Kontinents, wichtige Rohstofflieferanten und einige Staaten im Prozess der Konfliktbewältigung. Das alles vor dem Hintergrund einer für Afrika veränderten geostrategischen Lage – China bemüht sich in einer »neuen strategischen Partnerschaft« vor allem um Rohstoffe und Energieträger Afrikas, Staatschef Hu besuchte bereits vor zwei Jahren den Kontinent. Auch Russland meldete sich mit der jüngsten Reise seines Präsidenten Medwedjew dort zurück. Damit vergrößert sich der politische und ökonomische Handlungsspielraum afrikanischer Staaten.

Also war es nur logisch, dass Hillary Clinton sich vor allem um die Stabilisierung der US-Beziehungen zu politischen und wirtschaftlichen Schwergewichten wie Südafrika, Angola und Nigeria bemühte – mit Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl. Mit Südafrikas neuem Staatschef Jacob Zuma soll es eine enge Zusammenarbeit geben. Wichtig war Angola, wo die USA im Bürgerkrieg die Rebellen der UNITA unterstützt hatten. Hier gab es konkrete wirtschaftliche Vereinbarungen. Wenig war bei dieser Reise über militärstrategische Interessen der USA zu erfahren. Immerhin sagte Clinton dem somalischen Präsidenten Sheikh Sharif Achmed in Nairobi eine Verdoppelung der Waffenlieferungen im Kampf gegen islamische Fundamentalisten zu.

Clintons Afrikareise war eine Tour des guten Willens mit viel Atmosphäre, dagegen gab es wenig Handfestes, einige Abkommen wurden unterzeichnet, einige Hilfszusagen gemacht. Eine große Afrikainitiative, wie von manchem erwartet, blieb aus – zunächst. Die Reise selbst so kurz nach Clintons Amtsantritt war die eigentliche Botschaft – Afrika steht oben auf der Tagesordnung in Washington, der Kontinent wird ernst genommen. Aus Eigeninteresse und nicht aus Altruismus, wie es der kenianische Beobachter Gitau Warigi auf den Punkt bringt: »Es geht um strategische Interessen«.

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