Berliner Boxerinnen wollen nach London

Halmich-Trainer Torsten Schmitz will in Hohenschönhausen deutsche Frauen fit für Olympia machen

  • Manfred Hönel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Freude in Berlin-Hohenschönhausen war groß: Frauenboxen ist ab 2012 olympisch – so entschied die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees bei ihrer Sitzung vergangene Woche in Berlin. Als hätte das größte Berliner Boxzentrum »Boxen statt Gewalt« in Hohenschönhausen es gewusst, wurde dort schon vor drei Monaten eine Gruppe für Frauenboxen gegründet. Trainer ist der frühere Europameister Torsten Schmitz (45), der einst die Profiweltmeisterinnen Regina Halmich, Alisia Graf und die Holländerin Esther Shouten betreute.

»Eigentlich haben wir das Boxfrauen-Zentrum ins Leben gerufen, um Nachwuchs für das Profiboxen auszubilden«, sagt Manager Harald Lange. »Jetzt disponieren wir um. Wir bilden unsere Frauen ab sofort mit Blick auf das olympische Boxen aus. Profis können sie später werden.« Und mit der 16 Jahre alten Gymnasiastin Onella Warna trainiert in Hohenschönhausen bereits ein Talent, »dass sich für London zu entwickeln lohnt«, verrät Trainer Schmitz.

Onella ist nicht die Einzige. »Bis jetzt sind wir fünf Boxerinnen. Aber wenn sich erst einmal herumgesprochen hat, welch wunderschönes, neues Boxzentrum wir in Berlin haben und wer unser Trainer ist, melden sich bestimmt bald noch mehr Mädchen und Frauen«, meint Azize Nimani. Die Realschülerin spielte für den FC Gütersloh in der 2. Frauen-Fußball-Bundesliga, begann dann aber in Minden mit dem Boxen. »Jetzt wohne ich in Berlin und bleibe beim Boxen. London ist ein gewaltiger Anreiz«, sagt die 19-Jährige, die sich Hoffnungen machen kann, für ein deutsches Olympiateam nominiert zu werden.

Ins Schwärmen gerieten auch Startrainer Ulli Wegner und Weltmeister Arthur Abraham, als sie unlängst das neue Boxzentrum unter die Lupe nahmen: »Einmalig in Deutschland«, meinen beide. 400 Boxer sollen in Hohenschönhausen künftig die Fäuste fliegen lassen. »Ein solches Zentrum mitten in einem großen Wohngebiet wird dem Boxen helfen. So kommen Kinder und Jugendliche von der Straße und können zeigen, was sie drauf haben«, sagt Abraham.

»Unser Anliegen ist, ›Boxen statt Gewalt‹ zu fördern, aber wenn viele Jugendliche zum Boxen finden, schälen sich auch Talente für internationale Einsätze heraus«, ist Manager Lange überzeugt. Der Unternehmer hat das Projekt mit Hilfe der Wohnungsbau-Gesellschaft HOWOGE als Sponsor und dem Bezirksamt als Unterstützer auf die Beine gestellt. Für Lange ist es bereits die fünfte Schulturnhalle, die er mit seinen Leuten in freiwilliger Arbeit aufgemöbelt hat.

Die riesige Boxhalle lockt viele an – selbst aus Schwerin schaute Olympiasieger Andreas Tews (1992) sowie der Olympiazweite und zweimalige Europameister Richard Nowakowski vorbei. »Solch ein Projekt macht Mut, dass das deutsche Boxen bei Olympia wieder eine Rolle spielt«, sagt Tews und Nowakowski schiebt nach: »Wir holen Schwung für Schwerin, denn wir wollen die Boxtradition bei uns wieder aufleben lassen.« Die Ex-Champs reden nicht nur. Nowakowski übernimmt die Mannschaftsleitung und Tews die Übungen des Nachwuchses.

In Berlin werden die Anfänger zunächst von zehn Trainern betreut, darunter die früheren DDR-Meister Dieter Donath und Dirk Käsebier. Die Amateurinnen sind bisher noch ein weißer Fleck. »Unsere Boxerinnen haben nur Hobbyniveau. Es gab keinerlei Förderung. Die Deutschen Meisterschaften Ende August in Baden und die EM im September in der Ukraine sollen zeigen, wo wir stehen«, sagt Helmut Ranze, Ex-Boxbundestrainer und Vizepräsident des Europäischen Amateurverbandes.


Olympisches Boxen

Ab 2012 in London dürfen Frauen in drei Gewichtsklassen um olympische Siege und Medaillen boxen: im Fliegengewicht (48 - 51 kg), im Leichtgewicht (56 - 60 kg) und im Mittelgewicht (69 - 75 kg). Für jede Klasse sollen sich 12 Teilnehmerinnen qualifizieren dürfen. Damit die Gesamtzahl der olympischen Boxsportler weiterhin 286 Teilnehmer nicht überschreitet, sollen die Gewichtsklassen der Männer von bisher elf auf künftig nur noch zehn Klassen reduziert werden. Eine neue Gewichtsklassenregelung steht noch aus. ND

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