Schweden debattiert Afghanistan-Einsatz
Forderung nach Volksabstimmung
Die geplanten schwedischen Truppenverstärkungen in Afghanistan provozieren nicht nur lauten Widerspruch bei den »üblichen Verdächtigen« der Friedensbewegung und Linken. Auch Thage G. Peterson, ehemaliger Verteidigungsminister und Reichstagspräsident, sowie Ex-UNO-Botschafter Anders Ferm sparten jetzt in einem Beitrag der Zeitung »Svenska Dagbladet« nicht mit Kritik an der Regierung.
Kernpunkte ihrer vernichtenden Analyse sind die Nichtgewinnbarkeit dieses Krieges, die Verlogenheit der vermeintlich humanitären Zielsetzungen der Intervention und die Verschleuderung von über einer Milliarde Kronen pro Jahr, allein für die militärische Präsenz am Hindukusch. Die beiden Sozialdemokraten beklagen, dass die gegenüber den globalen Herrschaftsinteressen von USA und NATO so nachgiebige Politik Stockholms, Schwedens internationale Stellung als politisch-moralische Instanz und glaubwürdiger Konfliktvermittler verspielt habe.
Heute befinde sich Schweden im Krieg, seine Soldaten seien nicht wie früher in zahlreiche friedensbewahrende UN-Missionen, sondern in sogenannte friedenserzwingende Operationen eingebunden. Auch mit der Aufgabe zu töten, so Peterson und Ferm. Schweden sollte vielmehr alles dafür tun, durch ein Ausscheiden aus dem schmutzigen Krieg in Afghanistan neues Vertrauen zu gewinnen und umfassend beim Wiederaufbau zu helfen. Da fast alle Reichstagsparteien mit Ausnahme der Linken (und teilweise) der Grünen ihr politisches Prestige für den schwedischen ISAF-Einsatz verpfändet haben, schlugen Peterson und Ferm vor, die Frage eines weiteren Einsatzes schwedischer Truppen baldmöglichst durch eine Volksabstimmung entscheiden zu lassen.
Die Resonanz der großen Medien war Schweigen. Im »Svenska Dagbladet« erschien vorsorglich zeitgleich ein geharnischter Leitartikel, der Hoffnungsschimmer am afghanischen Kriegshimmel heraufbeschwor.
Wie auch immer das Schicksal dieser Initiative sein mag, bemerkenswert bleibt, dass sich hier zwei bekannte Sozialdemokraten dafür stark gemacht haben, dass das Volk über die Frage von Krieg und Frieden ein ausschlaggebendes Wort mitsprechen soll.
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