GASAG mit Preisanpassungsklausel beim BGH gescheitert

Energieversorgung

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Am 15. Juli dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein entscheidendes Urteil in Sachen GASAG getroffen. Der BGH gab einem von Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN, Berlin-Mitte, gemeinsam mit Karlsruher Kollegen vertretenen GASAG-Kunden recht, der eine Preisanpassungsklausel in einem geschlossenen Sondervertrag nicht akzeptiert hat.

Zunächst wurde das Amtsgericht Berlin-Tiergarten angerufen, und dieses entschied bereits gegen die GASAG. In dem dann von der GASAG eingelegten Berufungsverfahren entschied das Landgericht für die GASAG, ließ jedoch einen Antrag auf Revision zu, so dass nunmehr der BGH zu entscheiden hatte, informiert Naumann.

In dem Sondervertrag der GASAG hieß es: »Der Gaspreis folgt den an den internationalen Märkten notierten Ölpreisen. Insofern ist die GASAG berechtigt, die Gaspreise auch während der laufenden Vertragsbeziehung an die geänderten Gasbezugskosten der GASAG anzupassen. Die Preisänderungen schließen sowohl Erhöhung als auch Absenkung ein.« Genau diese Klausel erklärte der BGH als eine Benachteiligung der Kunden. Die Erhöhung vom Oktober 2005 und Januar 2006 um je einen halben Cent pro Kilowattstunde wurde zu Unrecht erhoben, weil die Preisanpassungsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist und ihr deshalb ein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises nicht zusteht.

Zu den Entscheidungsgründen: Der Bundesgerichtshof beanstandet die Auffassung des Berufungsgerichts, bei dem Kläger handele es sich um einen Tarifkunden. Der sei aber Normsonderkunde, so dass sich eine Befugnis der GASAG zur Preisänderung nicht aus der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) ergeben kann.

Der BGH legt hierzu die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Tarifkundenverträgen und Sonderkundenverträgen dar. Dabei kommt es darauf an, ob das Versorgungsunternehmen – aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers – die Versorgung zu öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen im Rahmen einer Versorgungspflicht nach AVBGasV anbietet, oder ob das Angebot unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit erfolgt.

Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt sich eindeutig, dass der Vertrag mit dem Kläger danach als Sonderkundenvertrag einzustufen ist. Eine einseitige Preisänderung durch die beklagte GASAG hätte deshalb nur auf der Grundlage eines wirksamen Preisänderungsrechts in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also einer wirksamen Preisanpassungsklausel, erfolgen können. Eine solche Klausel aus einem Tarifkundenverhältnis unverändert in einen Normsonderkundenvertrag zu übernehmen, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abzuweichen, hält einer Kontrolle nicht stand.

Der Kunde hatte auch keine Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, bevor die Preiserhöhung wirksam wurde. Außerdem hat die Beklagte auf dem Berliner Markt eine Monopolstellung.

Rechtsanwalt Naumann weist GASAG-Kunden und Mandanten darauf hin, dass eine Zahlung zum damaligen Zeitpunkt nur unter Vorbehalt angemessen war. Für diese Kunden besteht Hoffnung auf Rückerstattung, wobei die Rückzahlung nicht automatisch erfolgen wird.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, welche· allgemeinverbindliche Entscheidung die GASAG treffen wird. Sicher wird es auch hier wieder ein zähes Ringen um jeden Cent der Rückerstattung geben. Ggf. sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, sollte vorher bezüglich der Deckungszusage nachfragen.

BGH-Urteil vom 15. Juli 2009, Az. VIII ZR 225/07

(Siehe auch Ratgeber vom 29. Juli 2009 )

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