Radikalliberales Credo
Die Wirtschafts- und Finanzkrise hinterlässt, wie zu erwarten, inzwischen auch in den öffentlichen Haushalten deutliche Spuren. Wegbrechende Einnahmen und wachsende Ausgaben sind typische Szenarien, wenn die Wirtschaft auf Talfahrt ist. Es wäre indes nicht der Rede wert, wenn die von der Staatsverteufelung getragene Politik zur Senkung der Staatsquote in den vergangenen Jahren nicht die Budgets von Bund, Ländern und Kommunen bereits derart stranguliert hätte, dass vielfach nur noch die gesetzlich verbrieften Pflichtaufgaben abzusichern sind. Wie nicht zuletzt die Misere bei der Bildung zeigt, geschieht selbst das oft nur noch mit Ach und Krach.
Vom Wahlkampfgetöse getragene Versprechungen pauschaler Steuersenkungen erscheinen vor diesem Hintergrund wie von einem anderen Stern. Dennoch sind ihre Verkünder von höchst irdischer Natur und umgeben sich gern auch mit dem Glorienschein akademischer Unabhängigkeit und Weisheit – wie der Heidelberger Professor Paul Kirchhof. Er wünscht sich einen »Rettungsschirm für Steuerzahler«. Gemeint sind Steuersenkungen, die im Gegenzug durch einen Abbau von Staatsausgaben getragen werden. »Was wir brauchen, ist ein Weniger an Geld und ein Mehr an Freiheit«, so das Credo des radikalliberalen Akademikers, der sich – einem Wiedergänger gleich – pünktlich im Wahlkampf wieder zu Wort meldet. Frau Merkel wird ihn indes kaum wieder in ihr »Kompetenzteam« einbinden. Im Unterschied zu 2005 versucht sie nämlich momentan, so farblos wie möglich zu bleiben – wie die Umfragen zeigen, sogar mit einigem Erfolg.
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