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Richtungswahl mit vielen Optionen

Saarland könnte Versuchsfeld werden

  • Martin Sommer
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist eine Wahl der besonderen Art, die den Saarländern am Sonntag ins Haus steht. Eine Wahl, die dafür sorgt, dass die ganze Republik gebannt auf das kleinste Flächenland schaut.

Es ist ein Mann, der die Wahlen spannend gemacht hat. Einer, der schon einmal Ministerpräsident war und es jetzt wieder werden will, nur für eine andere Partei. Dank Oskar Lafontaine vor allem, der nun für die LINKE antritt, ist der Ausgang völlig ungewiss. Nur eins ist klar: Alles ist möglich. Das erste rot-rote Bündnis Westdeutschlands, Rot-Rot-Grün oder die erste Jamaika-Koalition auf Länderebene könnte Ergebnis der Wahl im Saarland sein.

Ohne Lafontaines Kandidatur müsste die CDU nicht derart zittern, nach zehn Jahren wieder in die Opposition zu müssen. Denn die SPD an der Saar demonstriert zwar Einigkeit wie lange nicht mehr, kommt in Umfragen aber nicht aus dem Stimmungskeller. Kein Wunder also, dass selbst SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier von rot-roten Koalitionen auf Länderebene träumt und dabei vor allem das Saarland im Blick hat. Obwohl hier sein einstiger Parteifreund Lafontaine kandidiert.

Noch bis Mai hatten die Sozialdemokraten an der Saar mit Vorliebe verbal auf die LINKE eingedroschen, doch dann gab es einen Kurswechsel: Der Gegner heißt seitdem Peter Müller, die LINKE wird weitgehend ignoriert, und der Name Lafontaine wird von der SPD-Spitze kaum noch in den Mund genommen. Denn nur mit der Konkurrenz von links wird die SPD an die Regierung kommen können, es sei denn, sie entscheidet sich doch noch für eine Große Koalition der großen Verlierer.

Schließlich ist auch Peter Müllers CDU auf Talfahrt. Einen Monat vor der Bundestagswahl wird sie wohl deutlich Federn lassen müssen, Umfragen sehen für sie ein Stimmen-Minus zwischen 9,5 und 11,5 Prozent voraus. Kein Wunder also, dass Kanzlerin Merkel in den letzten Wochen gleich mehrmals persönlich an die Saar gefahren ist, um für ihre Partei zu werben.

Auch die Grünen sind in den letzten Wochen nervös geworden. Wochenlang prahlte ihr Landeschef Hubert Ulrich damit, dass seine Partei wohl das entscheidende Zünglein an der Waage werden dürfte. Die Grünen hätten dann die freie Wahl zwischen einem Bündnis mit CDU und FDP oder einem mit SPD und LINKEN. Dumm nur, dass bei vielen Saarländern vor allem eins ankam: Die Grünen sind nach allen Seiten offen – wem sie nach der Wahl zur Macht verhelfen, ist unklar. Und die Anhängerschaft der Grünen ist in dieser Frage völlig gespalten. Die einen wollen auf jeden Fall Müller und seine CDU aus der Regierung werfen und dafür durchaus auch mit Sozialdemokraten und LINKEN regieren. Die anderen aber fürchten nichts mehr als ein solches linkes Bündnis. Ulrich hat schon erklärt, dass seine Grünen Lafontaine niemals zum Ministerpräsidenten wählen werden – seitdem fragen sich viele, warum er nicht auch eine Wahl Müllers ausgeschlossen hat. In den letzten Umfragen hat Ulrichs Truppe deshalb an Zustimmung verloren und liegt jetzt bei sechs Prozent – gefährlich nahe an der Fünf-Prozent-Hürde.

Für die Liberalen stehen die Chancen für eine Rückkehr an die Macht nach 24 Jahren etwa 50 zu 50 – entschieden von der Frage, ob Jamaika oder Rot-Rot-Grün herauskommt. Kommen die Grünen nicht in den Landtag, dann könnte es für Rot-Rot oder für ein schwarz-gelbes Bündnis reichen. In beiden Fällen steht also eine Richtungswahl mit unbekanntem Ausgang bevor. Den größten Schub könnte dabei die LINKE erhalten. Die Partei liegt derzeit zwischen 15 und 16 Prozent – das wäre das beste Ergebnis in Westdeutschland. Trotzdem: Das selbst gesteckte Ziel heißt »20 Prozent plus X« – jede Stimme weniger würde der Partei von Konservativen wie Grünen als Wahlschlappe ausgelegt werden.

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