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Linker Streit im Kieler Stadtrat

Eine Partei – zwei Fraktionen

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Erosionsprozess bei den Linken in Schleswig-Holstein ist noch nicht beendet. Der jüngste Streit trifft die Partei in der Stadt Kiel. Dort haben sich zwei der sechs Ratsmitglieder von der Fraktion losgesagt und die eigene Fraktion mit dem Namen »Direkte Demokratie« ins Leben gerufen.

Im Mai des Vorjahres hat die LINKE mit 11,1 Prozent der Stimmen den Einzug ins Kieler Stadtparlament geschafft. Nach der jüngsten Fraktionsspaltung war aus dem dortigen Rathaus zu hören, dass es im aktuellen Disput gar nicht mal um inhaltliche politische Differenzen, sondern um persönliche Eitel- und Verletzlichkeiten geht. Die Abtrünnigen Ingrid Zimmermann und Bernd Jenning begründeten ihren Schritt mit einer zuletzt immer mehr gestörten Atmosphäre zum übrigen Fraktionsquartett. Hintergrund des Streits ist dem Vernehmen nach die Abberufung eines bürgerlichen Ausschussmitgliedes.

Zimmermann und Jenning wollen trotz des vollzogenen Bruches aber nicht die Partei verlassen, deren Inhalte sie weiterhin vertreten. Der Kieler Kreisvorstand war von dem Absprung des Duos vorab nicht informiert worden. »Ich hätte mir gewünscht, dass vorher das Gespräch mit uns gesucht worden wäre, aber das war nicht der Fall«, so der Kreisvorsitzende Heinz Wieser.

Nicht zuletzt wegen der Außenwirkung über das Bild der LINKEN ist nun ein Antrag über einen Parteiausschluss an die Landesschiedskommission eingereicht worden. Das Tischtuch scheint zerschnitten. Eine Rückkehr in die Fraktion der LINKEN, die Fraktionschef Florian Jansen noch offen halten wollte, wird durch das Ausschlussbegehren ziemlich unwahrscheinlich.

Für die übrigen Ratsparteien war die Spaltung ein gefundenes Fressen. Schnell machte die Vokabel Chaos im Zusammenhang mit der LINKEN die Runde. Zimmermann und Jenning müssen sich vor allem den Vorwurf gefallen lassen, sie seien lediglich auf Geldschneiderei aus, indem sie nämlich für eine neue Fraktion finanzielle Zuwendungen in Form eigener Räumlichkeiten und eigenen Personals beanspruchen würden. Genau diese Frage bringt nun auch die Rechtsabteilung der Stadt Kiel ins Schwitzen. Solange es nicht zu einem Parteiaustritt komme, möchte die Stadtpräsidentin Cathy Kietzer (SPD) den beiden Abtrünnigen keinen Fraktionsstatus zuerkennen.

Aus Protest gegen diese Haltung verließen Zimmermann und Jenning am Donnerstag demonstrativ die Tagung der Ratsversammlung. Sie sehen ihren Anspruch auf Bildung einer neuen neolinken Fraktion durch die Gemeindeordnung gedeckt. Dabei verweisen sie auf das Beispiel des Stadtrats von Dresden, wo es zwei Jahre lang bis zum Juni 2009 mit den Gruppierungen Linksfraktion und Die LINKE ebenfalls zwei Fraktionen gab.

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