Kuba wappnet sich für die Kaltfront

Statt Hurrikans plagt die Insel in diesem Jahr die Dürre / Wirbelstürme jedoch nicht ausgeschlossen

  • Leo Burghardt, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Kubaner stöhnen in diesem Jahr unter der Hitze: Seit Mai steigen die Temperaturen täglich auf 30 und mehr Grad. Dafür blieb die Insel bisher von Hurrikans verschont.

Wenn die kubanischen Meteorologen Recht behalten – und tatsächlich irren sie sich selten –, wird in diesen Tagen die erste Kaltfront aus dem Norden die Insel erreichen. Viel früher als normal. Und das heißt, die Höchsttemperaturen könnten in der ersten Wochenhälfte auf 25 bis 26 Grad fallen, in den frühen Morgenstunden sogar auf 22 Grad. In Havanna wurden am 6. Oktober 35,6 Grad gemessen, so heiß war es in der Hauptstadt noch nie. In Guantánamo, wo die Sonne immer noch erbarmungsloser brennt als anderswo in Kuba, zeigten am 3. September die Thermometer 37,6 Grad an. Der nationale Rekord war das jedoch nicht. Der wurde im April 1999 in Jucarito/Guantánamo mit 38,8 Grad registriert.

Das Karibische Meer und der Golf von Mexiko kochen, haben die kritische Temperatur von 27 Grad längst überschritten und erzeugen somit den Wasserdampf, der die Bildung von Hurrikans vorantreibt. Aber in dieser Hinsicht tut sich glücklicherweise bisher nichts. Das Klimaphänomen Niño hat den Pazifik in Aufruhr versetzt und erfahrungsgemäß verhindert – beziehungsweise bremst – es hier in der Region die Ballung von Hurrikans großer Intensität. Doch noch ist die Hurrikan-Saison nicht vorbei. Frühestens Mitte November kann Kuba aufatmen. Andernfalls wäre es eine Tragik nach den drei barbarischen Wirbelstürmen, die im vergangenen Jahr Kuba einen Schaden von zehn Milliarden Dollar zufügten, Hunderttausende Wohnstätten völlig oder teilweise zerstörten und in der Landwirtschaft schmerzendes Unheil anrichteten. Die Mannschaft von Raúl Castro hat in ihrer Prioritätenliste der Verminderung von Importen, vor allem von Agrarprodukten, den ersten Platz eingeräumt. An zweiter Stelle folgt: sparen, sparen, sparen.

Seit 1998 sind der Nordwestatlantik, das Karibische Meer und der Golf von Mexiko von 174 Zyklonen, das heißt Wirbelstürmen mit mehr als 65 Stundenkilometer anhaltender Windgeschwindigkeit, heimgesucht worden. Auf Kuba trafen davon 20. Es gibt jedoch längere Zeitspannen, in denen die Insel unbehelligt bleibt, beispielsweise von 1985 bis 1996. In diesen Jahren erlebte Kuba nicht einen einzigen Zyklon. Und von 1952 bis 2001 wurde ebenfalls kein Wirbelsturm »großer Intensität« mit Sturmgeschwindigkeiten ab 150 Stundenkilometer registriert. Im vergangenen Jahr traf es Kuba jedoch gleich drei Mal. Einer der Stürme war »Gustav«, mit einer Windgeschwindigkeit von 340 Kilometer pro Stunde dauerte er zwar nur Sekunden, aber während dieser Sekunden pflügte er alles um, was ihm im Wege stand.

Also in diesem Jahr womöglich kein Hurrikan, dafür wieder eine strapaziöse Dürre? »Zaza«, der größte Stausee Kubas in der Provinz Sancti Spiritus, führt in diesen Tagen 193 Millionen Kubikmeter Wasser. Im vorigen Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt 741 Millionen. So sieht es beinah im ganzen Lande aus. Es gab Zeiten, da meinten die Bauern und verblüfften damit klimaunkundige Besucher: »Alles ist trocken, da hilft nur noch ein Hurrikan aus der Patsche«. Das sagen sie heute eingedenk der Hurrikan-Katastrophe von 2008 nicht mehr. Oder noch nicht?

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