Probleme mit Winzlingen

Umweltbundesamt verärgert Wirtschaft

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.

Anders als bei der Gen- oder der Atomtechnologie gibt es bei der aufkommenden Nanotechnologie von Anfang an das Bemühen der Forschung, eventuelle Gefahren rechtzeitig zu erkennen und den Dialog über Risiken und Chancen mit der Bevölkerung zu suchen. Manchem mag dieses Bild zu freundlich gezeichnet sein, doch das eigentliche Problem liegt hier weniger in der Haltung vieler Forscher, sondern vielmehr in der Komplexität dessen, was inzwischen unter dem Schlagwort Nanotechnologie zusammengefasst wird. Denn bislang sind das nicht die in dem visionären Buch des US-Forschers Eric Drexler Mitte der 80er Jahre ausgemalten sich selbst bauenden Nanoroboter, die mal eben die Verstopfungen aus den Herzkranzgefäßen schaben, und schon gar nicht jene selbstorganisierenden Monster aus Millionen »Nanobots«, die den Wissenschaftsthriller »Beute« von Michael Crichton bevölkern. Nein, bislang ist Nanotechnologie ganz profane Chemie und Elektronik, bei der eben nur bestimmte Eigenschaften sprunghaft anders werden, sobald die Partikel klein genug sind.

Die neue Broschüre des Umweltbundesamtes »Nanotechnik für Mensch und Umwelt« fasst den Erkenntnisstand zum Thema allgemeinverständlich zusammen. Und löste einen empörten Aufschrei des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) und des Netzwerks NanoBioNet aus. Warum? Der Grund findet sich zwischen den Zeilen der Interessenverbände: Da wird so ganz nebenbei erzählt, es gebe ja hervorragende Sicherheitsvorschriften, so etwa das vom VCI sonst eher bekämpfte EU-Regularium REACH. Doch bislang sind einzig für Kosmetika Vorschriften in Kraft, die die Spezifik der Kleinstpartikel berücksichtigen – und auch die gibt's erst seit diesem Jahr und auf Druck des EU-Parlaments. Die Selbstverpflichtungen der Branche dagegen sind eher schwammig. Die greifen erst recht nicht, wenn die Produkte erst auf dem Markt sind, wie Erkrankungen durch Nano-Lacke in China zeigen.

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