Werbung

Grüne Hoffnung für Klimagipfel

Rüstzeug für Kopenhagen: Internationale Energieagentur fordert drastische Maßnahmen

  • Anna van Ommen, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Internationale Energieagentur hat in London eine umfangreiche Studie mit zwei Szenarien präsentiert: Die Folgen von Nichtstun und ein ehrgeiziges Projekt, das den Klimawandel aufhalten könnte. Als Vorbild für den Klimaschutz gilt ausgerechnet China.

Am Dienstag präsentierte die Internationale Energieagentur (IEA) ihre jährlichen Prognosen für den weltweiten Energieverbrauch. Der »World Energy Outlook« ist nicht nur die Bibel der Energiewirtschaft. Der Bericht liefert Daten, die den Verhandlungspartnern beim Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember als wichtige Argumentationshilfe dienen sollen. Schließlich ist der weltweite Energiebedarf der Kern des internationalen Klimaproblems: 65 Prozent der schädlichen Treibhausgase entstehen beim Verbrennen fossiler Energieträger.

»In Kopenhagen haben die Regierungschefs eine historische Gelegenheit, die schwersten Folgen des Klimawandels abzuwenden«, sagte IEA Exekutivdirektor Nobuo Tanaka bei der Pressekonferenz in London. Nach Ansicht der IEA-Experten gibt es sowohl Grund zur Vorsicht als auch zum Optimismus. So hat die Wirtschaftskrise laut IEA dafür gesorgt, dass der Ausstoß von Kohlendioxid in diesem Jahr um drei Prozent sinkt. Das ist der stärkste Rückgang seit 40 Jahren. Exekutivdirektor Tanaka sieht die jüngsten Entwicklungen als Chance, »wirklichen Fortschritt mit sauberer Energie zu machen, sofern die richtigen Entscheidungen getroffen werden«. Unter Leitung von Chefökonom Fatih Birol hat die IEA ein Maßnahmenprogramm erarbeitet, das die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre langfristig auf 450 ppm (Teilchen pro eine Million Luftteilchen) reduziert. Damit könnte eine Erderwärmung bis 2050 unter zwei Grad gehalten werden.

Wenn hingegen nichts unternommen werde, sei eine Erderwärmung von sechs Grad Celsius zu erwarten. Das sogenannte Referenzszenario geht von einem Anstieg des Energiebedarfs um 40 Prozent bis 2030 aus. 16,8 Milliarden Tonnen Öl wären dann erforderlich. Die Länder außerhalb der OECD stellen dabei den Löwenanteil des Bedarfs. Allen voran China und Indien. China wird sich zum größten Verbraucher der Welt entwickeln und nach 2025 die USA übertrumpfen.

Die rasante Entwicklung Chinas hat allerdings auch für eine Überraschung gesorgt. Nach Plänen Pekings soll dort bis 2020 eine Kohlendioxid-Senkung von einer Gigatonne erreicht werden. Das entspräche 25 Prozent der notwendigen Senkung des CO2-Ausstoßes um insgesamt 3,8 Gigatonnen, die nach dem 450-ppm-Szenario bis 2030 erforderlich wäre. Das macht die Chinesen zum Vorreiter des Kampfes gegen die schädlichen Treibhausgase.

Um die Ziele des 450-ppm-Szenarios zu erreichen, ist eine Abkehr von fossilen Brennstoffen unerlässlich. Ohnehin, so Birol, sei »die Ära günstiger Ölpreise vorbei«. Nicht zuletzt weil niemand weiß, wie lange die Ölquellen noch sprudeln werden. Der britische »Guardian« berichtete, die IEA habe auf Druck der USA die wahren Zahlen zu Ölvorkommen geschönt, um die Ölpreise nicht zu gefährden. Birol bestreitet dies. Auch die Kritik, die IEA sei der »Wachhund der reichen Nationen« wiesen Tanaka und Birol ab. Sie sehen sich vielmehr als »Wachhund für Energie weltweit«. Dabei unterstrichen sie, dass mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit noch immer ohne Strom lebten.

Trotz drastischer Prognosen, die Welt bräuchte »viermal Russland«, um den Gasbedarf bis 2030 zu decken, sieht die IEA den Brennstoff als kleineres Übel, der als Brücke zu erneuerbaren Brennstoffen fungieren könnte. Beide Szenarien prognostizieren einen Anstieg des Gasverbrauchs. Dabei könnten die USA möglicherweise sogar Gas exportieren. Eine Entwicklung, die auch für Deutschland interessant sein könnte.

Tanaka fordert Investitionen von mehr als 10,5 Billionen US Dollar, um das »Szenario 450« zu erfüllen. Neben erneuerbaren Ressourcen, Nuklearenergie und Karbonspeichertechnologien befürwortet die IEA vor allem eine effizientere Nutzung bestehender Energiequellen. Tanaka und Birol fordern die Zusammenarbeit aller Länder. »Das Ziel ist erreichbar«, sagte Tanaka. Die Kosten fürs Nichtstun würden hingegen bald ins Unermessliche steigen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal