Phelps schwimmt im »Jammer« hinterher

Schwimmen: Beim Weltcup verzichtet der Amerikaner auf den »Wunderanzug« / Rekordflut in Berlin

  • Lesedauer: 3 Min.

Der Dominator hat seine Vormachtstellung verloren: Der Superstar Michael Phelps sah beim Kurzbahn-Weltcup in Berlin ungewohnt oft nur die Hacken seiner Konkurrenten. Zumindest äußerlich ließ sich der coole Amerikaner mit dem Fünf-Tage-Bart davon nichts anmerken, denn er selbst hatte das Debakel mit dem freiwilligen Verzicht auf einen der High-Tech-Anzüge in Kauf genommen.

»Sollen die anderen in High-Tech-Anzügen schwimmen, Ich bereite mich lieber auf die Zukunft vor«, sagte Phelps. Seit seinen fünf WM-Titeln in diesem Jahr in Rom schwimmt der 24-Jährige in einem so genannten »Jammer«, einer knielangen Textil-Badehose, wie sie der Weltverband FINA ab Januar 2010 für alle vorschreibt.

Den Rest seiner Karriere

nun im alten Outfit

In diesem Outfit hatte der 14-fache Olympiasieger in Berlin im Fernduell gegen den Doppel-Weltmeister Paul Biedermann über 200 m und 400 m Freistil keine Chance. Während der Hallenser als Vorlaufschnellster sicher ins Finale einzog, scheiterte sein Rivale aus den USA als Zwölfter (1:44,07). Bereits am Sonnabend enttäuschte Phelps als Fünfter über 200 m Schmetterling (1:54,22).

Auf lange Sicht soll die eigenwillige Strategie den Mann aus Maryland (Baltimore) aber wieder zum uneingeschränkten Herrscher im Schwimmsport machen. »In der Hose werde ich für den Rest meiner Karriere schwimmen. Also ist es besser, mich jetzt schon daran zu gewöhnen«, erklärte Phelps, der einige seiner größten Erfolge in dem aufsehenerregenden Speedo LZR Racer erzielt hatte.

Für seinen Rivalen Paul Biedermann kommt ein ähnlicher »stiller Protest« gegen die Rekordinflation nicht infrage. »Wer hatte denn einen Anzugsvorteil bei Olympia? Das waren nicht die Deutschen. Ich will diesen Vorteil jetzt so lange es geht genießen«, sagte der 23-Jährige, der Phelps bei den WM über 200 m Freistil mit einem Fabel-Weltrekord entthront hatte.

Der erste Wettkampfauftritt von Phelps in Deutschland überhaupt war für ihn und seinen Trainer Bob Bowman allerdings nicht mehr als ein besseres Training unter Wettkampfbedingungen. »Ich bin nicht in der Form, in der ich gerne sein will. Aber ich arbeite hart daran«, meinte Phelps. Es scheint, als habe die FINA-Entscheidung, der Materialschlacht unter den Ausrüstern endlich Einhalt zu gebieten, dem Ausnahmeathleten neue Motivation gegeben. Er ist mit 22 WM-Titeln und 14 Olympia-Goldmedaillen der erfolgreichste Schwimmer aller Zeiten.

Paul Biedermann mit

zwei Freistil-Weltrekorden

Paul Biedermann unterstrich seine gute Form mit zwei Siegen in Weltrekordzeiten: über 200 m Freistil in 1:39,37 min und über 400 m Freistil in 3:32,77 min. Für Aufsehen sorgte auch Steffen Deibler (Hamburg) mit neuem Weltrekord über 50 m Schmetterling (21,80) und deutschen Rekorden über 50 m Freistil im Vorlauf (20,99) und Finale (20,73) sowie über 100 m Schmetterling (49,23). Daniela Samulski (Essen) war zum Auftakt Europarekord über 50 m Rücken geschwommen und stellte danach mit 57,37 s im Vorlauf und 57,35 s im Finale deutsche Rekorde über 100 m Rücken auf. Janne Schäfer (Heidelberg) erzielte neuen Europarekord über 50 m Brust (29,55).

An der Rekordflut mit insgesamt 16 Weltrekorden waren auch die Südafrikaner Cameron van der Burgh über 50 m und 100 m Brust (25,25/55,61) und Darian Town-send über 200 m Lagen (1:51,55), die Russen Sergej Fessikow (Russland) im Vorlauf über 100 m Lagen (50,95), Jewgeni Korotitschkin über 100 m Schmetterling (48,49) und Arkadi Wjatschanin über 200 m Rücken (1:46,11) beteiligt. Bei den Frauen sorgten Jessica Hardy (USA) über 50 m Brust (28,80), Leisel Jones (Australien) über 100 m und 200 m Brust (1:03,00/ 2:15,42), Shiho Sakai (Japan) über 100 m und 200 m Rücken (55,23/ 2:00,18), Liu Zige (China) über 200 m Schmetterling (2:00,78) und Hinkelien Schreuder (Niederlande) über 100 m Lagen (57,74) für Weltbestzeiten. SID/ND

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