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Hauptsache Arbeit

Neue Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn

  • Mona Grosche
  • Lesedauer: 2 Min.

»Viel gearbeitet haben wir immer, aber da war nicht dieser Druck«, fasst eine Bankangestellte ihre Erfahrungen mit dem Wandel ihrer Branche zusammen. Sie ist eine von rund 50 Zeitzeugen, die in der neuen Wechselausstellung im Bonner Haus der Geschichte per Video aus der eigenen Erwerbsbiografie berichten. Vom 2. Dezember 2009 bis zum 5. April 2010 zeigt »Hauptsache Arbeit« die rasanten Veränderungen, die nach 1945 die Arbeitswelten in beiden deutschen Staaten prägten, und fragt nach dem Stellenwert der Arbeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Beispiele aus neun Branchen dokumentieren den Wandel, so etwa die Technisierung der Landwirtschaft in den 50er Jahren, den Niedergang der bundesdeutschen Textilindustrie in den 60ern oder den markanten Umbau der Deutschen Post vom Staatsbetrieb zum Global Player am Ende des 20. Jahrhundert. Leider bleibt dabei die DDR ein wenig auf der Strecke, obwohl der Vergleich zwischen Ost und West als einer der Schwerpunkte der Ausstellung angekündigt war. Die alleinige Betrachtung von Großkombinaten lässt die Chance ungenutzt, die Bandbreite des Arbeitens in der Planwirtschaft näher zu beleuchten.

In der Präsentation setzt das Haus der Geschichte auf seinen bewährten Mix aus unterschiedlichen Medien und mehr als 600 mit Liebe zum Detail ausgewählten Exponaten. Zur interaktiven Einbindung der Besucher tragen auch mehrere Kunstinstallation bei: Da gibt es etwa die Möglichkeit, eigene Kommentare zum Thema Arbeit auf ein leuchtendes Spruchband zu projizieren – oder aber Infos selbst zu »erarbeiten«, indem man sich auf Ergometern abstrampelt, um das jeweilige Video an dem Gerät zum Laufen zu bringen.

Insgesamt betrachtet, hinterlässt die Ausstellung aber keinen besonders nachhaltigen Eindruck. Ohne das Begleitbuch dürfte sich so mancher Besucher alleingelassen fühlen bei dem mitunter etwas willkürlich erscheinenden Blick auf den Wandel der Arbeit. Dem formulierten Anspruch, die »Herausforderungen wie auch Chancen der neuen Arbeitswelt« aufzuzeigen, kann die Ausstellung so nicht wirklich gerecht werden. Aber vielleicht regt sie zumindest zu Überlegungen an, ob Arbeit immer Erwerbsarbeit sein muss und ob Sinnfindung nicht auch anderweitig möglich ist.

»Hauptsache Arbeit. Wandel der Arbeitswelt nach 1945«. Haus der Geschichte, Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn. Noch bis 5. April 2010, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 9 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Begleitbuch zur Ausstellung im Kerber Verlag, 160 S., 19,90 Euro.

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