Übernahme in Eigenregie

Betriebsrat und Gewerkschaft wollen Jobs von Karstadt-Mitarbeitern in Kaiserslautern retten

  • Carsten Ondreka, Kaiserslautern
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Hilfe der Gewerkschaften wollen Beschäftigte die Karstadt-Filiale in Kaiserslautern in Eigenregie weiterführen. Erste Konzepte für »K-Stadt« wurden nun vorgestellt.

Die Belegschaft der Karstadtfiliale in der Kaiserslauterer Innenstadt kämpft um ihre Arbeitsplätze. Seit die Beschäftigten am 1. Dezember durch die Insolvenzverwaltung der Karstadt AG von der beabsichtigten Schließung des Standorts am 31. März 2010 informiert wurden, versuchen sie alles, um Öffentlichkeit für ihre Situation zu schaffen.

191 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt die Filiale, 90 Prozent von ihnen sind gewerkschaftlich organisiert. Dementsprechend gut sieht der Zusammenhalt in den eigenen Reihen aus. Vergangenen Samstag richtete die Belegschaft ein »öffentliches Arbeitsamt« vor ihrer Filiale ein. Ein Transparent, auf dem in großen Lettern »Qualifizierte und motivierte Kaufhausbelegschaft sucht zum 1. April 2010 neuen Arbeitgeber« stand, diente als Blickfang.

Die Schlacht wird indes zur Zeit auch an anderen Orten geschlagen. Der Betriebsratsvorsitzende Herrmann Heinrich verbringt sehr viel Zeit mit Telefonaten und in den Büros von Gewerkschaftskollegen, Wirtschaftsfachleuten und der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Gemeinsam mit ver.di Rheinland-Pfalz und dem DGB will er ein Konzept für ein eigenständiges Kaufhaus im Gebäude der momentan noch von der Karstadt-Insolvenzverwaltung betriebenen Filiale entwickeln. Stichtag für die Übernahme wäre der 1. April.

Auf einer Informationsveranstaltung des DGB Westpfalz stellten Gewerkschaften und die Technologieberatungsstelle (TBS) des DGB einen ersten Entwurf des Konzepts vor. Ziel war es, Betriebsräten anderer Kaiserslauterer Unternehmen und Gewerkschaftern die Übernahmepläne vorzustellen und für Unterstützung zu werben. »K-Stadt« ist der Projektname des neuen Kaufhauses. Die TBS sieht sich selbst als Verbindungsglied zwischen Betriebsräten und Unternehmen, wenn es um Umstrukturierungen und um Qualitäts- und Arbeitsplatzsicherung in gefährdeten Betrieben geht.

Viel konnte Winfried Ott von der TBS allerdings noch nicht über die Gestaltung und Ausrichtung des Projekts sagen. Das Ziel soll ein von den Beschäftigten getragener eigenständiger Betrieb sein, der durch lokale Banken und einem unter Landsaufsicht stehenden Institut getragen wird. Dieses Konsortium könnte durch ausstehende Leistungen der Karstadt-Insolvenzverwaltung, beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld, von Seiten der Belegschaft mit rund 200 000 Euro angefüttert werden. Genug Geld, um zukunftsorientiert arbeiten zu können, kann dabei nur von Banken und der Landesregierung, die nach Angaben des Betriebsrates »voll hinter dem Projekt« steht, akquiriert werden. Auch über eine Bürgeraktie wird nachgedacht.

Es schien bei der Veranstaltung, als hätten sich Landesregierung und Gewerkschaften schon auf eine Struktur für das neue Unternehmen festgelegt. Eine GmbH oder AG soll es werden mit einer externen Geschäftsführung. Modelle auf Genossenschaftsebene inklusive kollektiver Führung wurden nur am Rande erwähnt und stießen auf wenig Gegenliebe bei den Vortragenden. Ein selbstverwalteter Betrieb, der durch die Beschäftigten geführt wird, ist wohl mit den Banken und der Landesregierung nicht zu machen. Der Betriebsratsvorsitzende Hermann Heinrich strebt nach eigenen Worten trotzdem ein Modell an, in dem die Beschäftigten die Mehrheit im Verwaltungs- und Aufsichtsrat halten sollen. Mitte Januar soll ein griffiges Konzept vorliegen. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun.

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