Käßmann fordert Abzugsplan für Afghanistan

EKD-Ratsvorsitzende weiter in der Kritik / USA senden Truppen in den Norden

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, weist Kritik wegen ihrer Äußerungen zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan zurück.

Berlin (Agenturen/ND). Die Äußerungen der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr stoßen weiter auf ein geteiltes Echo. Während die Bischöfin aus den Kirchen weitgehend Zustimmung erhält, äußerten sich Vertreter der Bundesregierung und der Bundeswehr am Montag weiter kritisch.

Käßmann hatte in der Dresdner Frauenkirche in ihrer Neujahrspredigt gesagt, in Afghanistan schafften Waffen »offensichtlich auch keinen Frieden«. Dies hatte bereits am Wochenende bei Regierung und Opposition zum Teil scharfen Widerspruch ausgelöst.

Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmanns erklärte am Montag in Berlin, es gebe »Meinungsverschiedenheiten« zwischen Käßmann an der EKD-Spitze und der Bundeskanzlerin über den Afghanistan-Einsatz. Steegmanns betonte, die Bundesregierung sei für eine Debatte über den Einsatz am Hindukusch, sofern sie in einem angemessenen und ernsthaften Ton geführt werde.

Der Deutsche Bundeswehrverband erklärte: »Es wäre besser gewesen, wenn Käßmann vor ihrer Predigt das Gespräch mit den Soldaten über ihre schwierige Aufgabe gesucht hätte.« Käßmanns Nein zum Afghanistan-Einsatz schaffe nur neue Frustrationen für deutsche Soldaten. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte, er teile Käßmanns Ansichten zum Afghanistan-Einsatz nicht. Der Bundeswehreinsatz sei notwendig. »Frau Käßmann darf eine eigene Meinung haben. Sie sollte ihre Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr aber nicht für die evangelischen Kirchenmitglieder äußern«, sagte Niebel in Berlin.

Unterdessen wehrte sich Käßmann erneut gegen die Vorwürfe. Der »Bild«-Zeitung sagte sie, es sei eine »perfide Unterstellung«, wenn man ihr vorwerfe, sie lasse die deutschen Soldaten im Stich. Seelsorger begleiteten die Soldaten in Afghanistan und auch nach ihrer Rückkehr. »Wir sprechen mit Traumatisierten, und wir begraben die Toten, wenn sie nach Deutschland zurückkehren, und stehen ihren Angehörigen bei«, sagte sie. »Ich bin schockiert, was so aus meiner Predigt gemacht wird.« Sie habe zudem nie den sofortigen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan verlangt, fügte Käßmann hinzu. Die Kirche fordere aber einen erkennbaren Plan für den Abzug.

Die Soldatenvereinigung »Darmstädter Signal« begrüßte die Forderung der EKD-Ratsvorsitzenden nach einer Strategie für den Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan. Ein Abzug sei dringend notwendig, sagte Vorstandsmitglied Helmuth Prieß am Montag. Prieß widersprach dem Vorsitzenden des Bundeswehrverbands, Kirsch. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass nachdenkliche Soldaten eine Missachtung ihres Einsatzes sehen. Sie sehen sich vielmehr bestärkt in ihren eigenen Sorgen.«

Mehr US-Soldaten ins deutsche Einsatzgebiet

Die US-Armee wird ihre Präsenz im Einsatzgebiet der Bundeswehr in Nordafghanistan massiv aufstocken. Nach Informationen von »Spiegel Online« vom Montag werden rund 2500 US-Soldaten am Standort der Bundeswehr in Kundus stationiert. Etwa 1000 Ausbilder für die afghanische Polizei und die Nationalarmee ANA werden bis Sommer 2010 nach Kundus entsandt. Zudem sollen bis zu 1500 Soldaten in den Norden gehen, um das US-Lager zu sichern und gemeinsam mit afghanischen Einheiten gegen die Taliban vorzugehen.

Die Bundeswehr rechnet laut »Spiegel Online« damit, dass die US-Truppen nicht nur die Ausbildung forcieren, sondern auch eine härtere Gangart gegen die Taliban anschlagen werden.

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