Werbung

Touristen

TV: Auschwitz

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 2 Min.

An sperrigen Gedenktagen wie dem zur Befreiung von Auschwitz vor 65 Jahren zeigt sich, wer im deutschen Fernsehen Verantwortung trägt und wer nicht.

Man könnte meinen, politisch bedeutsame Gedenktage seien das tägliche Brot von Nachrichtensendern. Da müssten n-tv und N24 am Mittwoch voll sein von Filmen zum Thema Holocaust, Nazi-Deutschland, Auschwitz. Schließlich wurde das bekannteste aller Konzentrationslager 65 Jahre zuvor befreit – ein zentrales Datum des Erinnerns. Und was zeigen die privaten News-Lieferanten? Reportagen über Umzugsprofis oder U-Boote, das Bermuda-Dreieck, einen Freizeitpark und immerhin eine Dokumentation über den Bombenkrieg – gegen Deutschland!

Den betriebswirtschaftlichen Luxus, nur noch unterhalten zu wollen, leisten sich die Öffentlich-rechtlichen (noch) nicht. So eröffnete Arte den 27. Januar bereits eine Woche zuvor mit den ersten fünf Stunden von Claude Lanzmanns Epos »Shoah«, der gewaltigsten Bearbeitung des Titelthemas. Das ZDF bietet mit »Am Ende kommen Touristen« den wohl kreativsten Ansatz fiktionaler Vergangenheitsbewältigung (heute nacht, 0.14 Uhr).

Der Film von Robert Thalheim zeigt Auschwitz aus völlig ungewohnter Perspektive: Als Oswiecim, jene polnische Stadt, die abseits des KZ eine Gegenwart hat. Thalheim schildert sie durch die Brille eines jungen Deutschen (Alexander Fehling), der in Birkenau seinen Zivildienst leistet. Der Film zeigt großartig, wie Geschichte Orte im Griff hält und Orte Geschichte prägen. Ein eindringlicher, leiser, fast lässiger Beitrag zum Menschheitsthema.

ARD und Dritte liefern durchaus kreatives Gedenken. Aber einzig Arte und 3sat räumen für Teil zwei von »Shoah« und die Euthanasie-Dokumentation »Mordschloss« beste Sendeplätze frei.

Filme zum Thema in dieser Woche: »Die Flucht«, Arte, heute, 20.15 Uhr; »Engel in der Hölle«, heute, ZDFneo, 0.35 Uhr; »Zwölfeläuten«, Arte, Dienstag, 20.15 Uhr; »Das Mordschloss«, 3Sat, Mittwoch, 20.15 Uhr; »Shoa«, Arte, Mittwoch, 20.15 Uhr; »Über Leben in Auschwitz«, RBB, Mittwoch, 22.15 Uhr; »Birkenau und Rosenfeld«, BR, Mittwoch, 23.40 Uhr; »Gabriel Bach – Der Ankläger und der Eichmann-Prozess«, ARD, Mittwoch, 23.40 Uhr; »Leo und Claire«; ARD, Mittwoch, 0.35 Uhr.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal