Europäer genetisch »baskisch«?

Neue Ergebnisse der Molekularbiologie verweisen auf gemeinsame Vorfahren an der Biskaya

  • Siegfried Neumann
  • Lesedauer: 2 Min.
Zu den »schlagenden« Argumenten mancher baskischer Nationalisten gehört die Berufung auf die Abstammung von den ältesten Europäern. Spanier und Franzosen hingegen seien nur Nachfahren der lange nach der letzten Eiszeit zugewanderten Kelten und Germanen. Diese Auffassung teilte bislang - wenn auch ohne den rassistischen Unterton - auch die offizielle Urgeschichtsforschung. Doch nun zeigen genetische Studien, dass mindestens drei Viertel der Europäer direkt auf Bevölkerungen zurückgehen, die schon in der Eiszeit auf dem Kontinent lebten, also vor mindestens zwanzigtausend Jahren. Wie der Genetiker Peter Forster von der Universität Cambridge in der Mai-Ausgabe von »Spektrum der Wissenschaft« berichtet, lassen sich mehrere große genetische Linien erkennen, die - zumindest in weiblicher Linie - auf eine enge Verwandtschaft mit den Basken hinweisen. Genauer gesagt stammen die Basken wie die übrigen Europäer von den gleichen Vorfahren aus Südwesteuropa ab, die dort die letzte Eiszeit in einem der wenigen europäischen Refugien überstanden. Bisher vermutete man in den Basken ein Randvolk, das sich während der letzten Jahrtausende vor den übermächtigen neuen Bevölkerungsgruppen in das Pyrenäengebiet zurückzog. Die neue Befunden dagegen sprechen dafür, dass sich die Menschen nach der Eiszeit insbesondere von Südwesten her verbreiteten. Ihre Nachkommen sind bis heute in ganz Europa zahlreich vertreten. Diese Ergebnisse passen überraschend gut zu Ergebnissen der Sprachforschung, über die der Linguist Theo Vennemann von der Universität München in der gleichen Zeitschrift berichtet. Das Verbindungsglied beider Forschungsgebiete erkannte die Wissenschaftsjournalistin Elisabeth Hamel, Koautorin beider Artikel. Nach Vennemanns Theorie stecken in unzähligen unserer Namen für Siedlungen, Flüsse oder Landschaften Wörter, die mit dem Baskischen verwandt sind. Ursprünglich bedeuten diese Wortkerne meist einfach »Wasser«, »Berg«, »Tal« und Ähnliches. Zum Beispiel bedeutet das baskische Element »iz«, Wasser, Gewässer. Es kommt in mehr als 200 Gewässernamen vor, vom Iselfjorden in Norwegen bis zur Isa in Italien. Ähnlich weit verbreitet ist das Element »ibar« (Fluss). Von ihm leiten sich laut Vennemann zahlreiche Ortsnamen wie Ibarolle in Frankreich oder Ebersberg in Oberbayern her. »Aran« wiederum bedeutet Tal. So gibt es in Norwegen den Ort Arendal, in England ein Arundel, in Deutschland beispielsweise Arnach, Arnsberg, Arensburg.

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