Kein klares Ja zur Kopfpauschale
Kanzlerin setzt auf Einsparungen / Streit zwischen Apothekern und Kassen
Berlin (dpa/ND). Steigende Gesundheitskosten dürften die Arbeitskosten nicht wieder in die Höhe treiben, sagte Merkel im ARD-Fernsehen. »Deshalb wird das Schritt für Schritt, sinnvoll und vernünftig gemacht und vor allen Dingen jetzt erstmal auch auf der Ausgabenseite geguckt: Wo können wir noch einsparen und wie können wir die Kassen anhalten (...), dass sie möglichst viel leisten (...) und gleichzeitig möglichst wenig Ausgaben haben.« Ob es eine vom Einkommen unabhängige Gesundheitsprämie geben werde, ließ Merkel offen. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bekräftigte dagegen seine Reformpläne.
Einen heftigen Streit über die Zusatzbeiträge einiger Krankenkassen lieferten sich die Apotheker und die Versicherer. Die Krankenkassen würden Einsparungen durch Arzneimittel-Rabattverträge von mehr als einer Milliarde Euro nicht an die Versicherten weitergeben, sagte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, der »Bild«-Zeitung. Stattdessen fließe das Geld in Verwaltungsausgaben.
Der Vorsitzende des Ersatzkassenverbands vdek, Thomas Ballast, entgegnete: »Es ist absurd zu behaupten, dass Krankenkassen Einnahmen aus Rabattverträgen verschweigen, die Gewinne selber einstecken und im Gegenzug Zusatzbeiträge erheben.« Diese Einsparungen würden auf ein separates Konto gebucht, veröffentlicht und hätten zuletzt 310 Millionen Euro betragen. Becker wolle die Versicherten bewusst falsch informieren. »Tatsache ist, dass die von den Apothekern jüngst durchgesetzte Änderung des Apothekenabschlags die Versicherten um 330 Millionen Euro zusätzlich belasten und die Apothekenausgaben damit auch zu einem Gutteil an den Defiziten beteiligt sind.« Der Kassen-Spitzenverband erläuterte, die Verwaltungskosten seien binnen zwei Jahren von 5,48 auf 5,15 Prozent der Gesamtausgaben gesunken. Sie würden zu 88 Prozent für Gehälter von Kassenmitarbeitern und für Chronikerprogramme gebraucht.
Der scheidende Pharmakontrolleur Peter Sawicki erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen die Pharmaindustrie. »Wir brauchen eine Industrie, der wir vertrauen können, die uns nicht betrügt, die keine Studien unterschlägt, die keine Leute besticht«, sagte Sawicki der »Frankfurter Rundschau«.
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