Süden beim Zahlen in der ersten Reihe

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Für die Weltwirtschaftskrise gilt wie für den Klimawandel: Obgleich die armen Länder so gut wie gar nichts dazu beigetragen haben, stehen sie ungewollt in der ersten Reihe, wenn es an das Zahlen der Zeche geht. 60 Länder sind kritisch verschuldet, besagt der vor wenigen Tagen veröffentlichte Schuldenreport 2010, der von den Nichtregierungsorganisationen Kindernothilfe und von Erlassjahr.de gemeinsam herausgegeben wird. 2009 waren »nur« 18 Staaten in einer ähnlich kritischen Lage. Es ist eindeutig: Die globale Krise bedeutet nach der relativen Entspannung in der Boomphase nach der Ostasienkrise 1998 einen schweren Rückschlag für den Süden. Die Tendenz zeigt seitdem nach unten: bei den Rücküberweisungen der Migranten in ihre Heimatländer, bei den Exporten aus dem Süden, bei den Investitionen im Süden und bei den Mitteln der Entwicklungshilfe.

Die Weltbank beziffert die Folgen bisher auf 55 bis 90 Millionen Menschen, die dadurch statistisch unter die absolute Armutsschwelle von 1,25 Dollar am Tag rutschen – mit realen tödlichen Folgen für viele, vor allem Kinder unter fünf Jahren.

Auch wenn der Schuldenreport positive Anzeichen in Sachen des seit Jahren in entwicklungspolitischen Kreisen geforderten internationalen Insolvenzverfahrens und bei 35 der 134 untersuchten Ländern ausmacht – eine Lösung der Schuldenkrise des Südens ist nicht ansatzweise auszumachen. Denn dafür bedürfte es vor allem zweierlei: eines massiven Schuldenerlasses und einer asymmetrischen Marktöffnung des Nordens, die dem Süden dauerhafte Leistungsbilanzüberschüsse ermöglichte. Beides ist an Zugeständnisse des Nordens geknüpft, beides würde die Übermacht des Nordens abbauen. Ein Interesse daran gibt es dort freilich nicht.

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