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Der Widerstand wird größer

Protest gegen Fehmarnbeltquerung / Finanzierung des Megaprojekts unsicher

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Widerstand gegen die Fehmarnbeltquerung wächst. Die Gegner sind in vielen Initiativen organisiert und sich sicher, den Bau verhindern zu können.

Deutsch-dänischer Staatsvertrag hin oder her: Noch ist kein Bagger für die feste Fehmarnbeltquerung in Bewegung gesetzt worden. Das bereits seit 15 Jahren existierende Aktionsbündnis gegen den Bau möchte, dass das so bleibt, und führt reihenweise ökologische und ökonomische Gründe an, die gegen einen ersten Spatenstich sprechen.

Während führende Wirtschaftsverbände wie der Unternehmensverband Nord und die Industrie- und Handelskammer mit Rückendeckung des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministeriums mit einem gewaltigen Werbefeldzug goldene Zeiten bei Verwirklichung der festen Querung versprechen, formiert sich jetzt auch auf dem Festland zunehmend Widerstand gegen das Projekt.

Entweder eine Schrägseilbrücke oder ein Absenktunnel sollen die Insel Fehmarn und die dänische Insel Lolland auf 19 Kilometer Länge verbinden. Bisher wird die Passage über einen Fährbetrieb im Halb-Stunden-Takt bewältigt.

Die Befürworter des Megaprojektes heben immer wieder die Arbeitsplatzkomponente hervor. Nicht nur während der Bauzeit würde für Beschäftigung gesorgt, sondern auch entlang der Verkehrsachse zwischen den Metropolen Kopenhagen und Hamburg rechnet man mit Firmenansiedlungen. Doch offenbar soll hier allein der Glaube Berge versetzen, denn eine realistische Betrachtung der Verkehrsprognosen lässt an einem erhöhten Aufkommen zweifeln. Die Vorhersagen beziehen sich auf veraltete Zahlen, was die Projektgegner auch bei der milliardenschweren Finanzkalkulation monieren, weil in keiner Expertise die üblichen inflationsbedingten Kostensteigerungen berücksichtigt wurden.

Die bisher hauptsächlich touristisch geprägte Region nordöstlich von Lübeck befürchtet erhebliche Einbußen. Seitdem bekannt wurde, dass mit einer festen Querung täglich 150 Güterzüge mitten durchs Urlaubsgebiet rollen sollen, ist der regionale Widerstand enorm gewachsen. Die Bahn AG plant eine neue Bädertrasse, für die eine Überbrückung oder Untertunnelung von rund 50 Bahnübergängen nötig wäre. Die Kosten dafür werden zu je einem Drittel von Bund, Land und Kommunen getragen. Die funken ohnehin pausenlos SOS, was die Haushaltslage angeht.

Mehrere regionale Bürgerinitiativen haben sich gegründet. Am 8. April wollen sie sich zu einem Dachverband zusammenschließen. Die Projektgegner glauben nicht an neue Arbeitsplätze, warnen eher vor Jobverlusten: Beim Fährbetreiber Scandlines ist man genauso beunruhigt wie in den Ostseehäfen. Der Tourismus droht womöglich ganz abzustürzen. Nebulös bleibt die Kostenfrage. »Dass das Projekt auf einer Streichliste der Bahn AG steht, ist für mich keine Überraschung«, sagt die SPD-Haushaltsexpertin im Bundestag, Bettina Hagedorn. »Der Bundesrechnungshof zweifelt die Rentabilität des Projekts an und schätzt die Kosten nur der deutschen Hinterlandanbindung auf 1,7 Milliarden Euro. Geld, was Verkehrsminister Ramsauer nicht hat«, so Herbert Behrens (LINKE), Mitglied im Verkehrsausschuss.

In der Haushaltsdebatte gab Peter Ramsauer (CSU) zu, dass er immer noch auf öffentlich-private Kofinanzierung setzt, obwohl Privatinvestoren auf deutscher Seite bisher dafür nicht zu gewinnen waren. Die Befürworter weisen darauf hin, dass die dänische Seite die Finanzierung tragen könnte – erwähnen dabei aber nicht, dass die dortigen privaten Betreiber über eine Mautrefinanzierung kräftig beim Nutzer kassieren werden.

Am Ende könnten wieder die Gerichte entscheiden. Das Aktionsbündnis hat bei der EU-Kommission Klage gegen den Staatsvertrag eingereicht. Eine Beschwerde des BUND liegt dort ebenfalls vor, weil vor Vertragsunterzeichnung keine strategische Umweltprüfung erfolgte. Die Gegner der festen Querung sind zuversichtlich: »Noch können wir das unsinnige Projekt verhindern«, so Hendrick Kerlen vom Aktionsbündnis.

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