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Tektonischer Euro-Makel
Im unmittelbaren Vorfeld des Treffens der EU-Regierungschefs ist der Euro an den wichtigsten globalen Handelsplätzen deutlich eingeknickt – ein eindeutiges Omen, dass hier das Vertrauen in die Einheitswährung angeschlagen ist. Den Hintergrund bildet allerdings weniger das griechische Unvermögen, mit Geld umzugehen, wie es uns die Bundesregierung und auch die Boulevardmedien weismachen wollen. Ursache ist vielmehr die teutonische Hartleibigkeit, mit der sich die Merkel-Koalition der Hilfe für den angeschlagenen Euro-Partner verweigert. Trotz heftigen Gegenwindes wird sie sich vermutlich, nachdem Unterstützung nun auch aus Paris signalisiert wurde, auf dem Gipfel in Brüssel durchsetzen können.
Der Vorgang offenbart zugleich auch einen tektonischen Makel der rein monetären Klammer, mit der die Euro-Staaten fiskalpolitisch diszipliniert werden sollen. Volkswirtschaftliche Disparitäten, bei denen die bundesdeutsche Wirtschaft aufgrund ihrer Lohnkostenvorteile auf der Seite der Gewinner steht, werden hingegen ignoriert. Geradezu überheblich und von wenig Sachkenntnis getrübt ist es deshalb, wenn der Kritik an der hiesigen Exportstrategie mit dem Argument begegnet wird, andere Länder könnten dem Beispiel schließlich folgen, wie jüngst FDP-Wirtschaftsminister Brüderle tönte.
Setzt sich auf dem Brüsseler Gipfel die harte Linie Angela Merkels durch, ist mit einem weiteren Schwächeln des Euro zu rechnen. Dann aber bedeutet es, Öl ins Feuer zu gießen, wenn weiterhin mit dem Finger in Richtung Athen verwiesen wird – statt auf Berlin.
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