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Mehr als Kämmen, Waschen, Füttern

Linksfraktion fordert verbesserte Pflege

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Pflege zählt zu den Bereichen des Sozialsystems mit dringendem Handlungsbedarf. Das sieht auch die Linksfraktion im Bundestag so. Deren pflegepolitische Sprecherin, Kathrin Senger-Schäfer, fordert den von ihrer Partei verlangten Mindestlohn von zehn Euro auch für Pflegekräfte.

»Es kann nicht sein, dass hier immer noch Unterschiede zwischen Ost und West gemacht werden«, erklärte Senger-Schäfer am Montag in Berlin. Eine Kommission des Arbeitsministeriums hatte Ende März verbindliche Lohnuntergrenzen von 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten Deutschlands ab dem 1. Juli 2010 empfohlen. Auch mit anderen aktuellen Vorschlägen könne die LINKE nicht zufrieden sein. Zwar sei zur Pflege eine interministerielle Arbeitsgruppe vorgesehen, aber es gebe dazu bisher nur vage Ankündigungen. Senger-Schäfer ist der Meinung, dass vor 2014, wenn die Finanzierung der Pflegeversicherung nicht mehr gesichert ist, eine ganze Menge passieren muss.

Die Forderung nach einer Greencard für ausländische Pflegekräfte löse das Problem des Fachkräftemangels in der Branche nicht, so die Politikerin. Es gehe vielmehr um eine Aufwertung der Fachberufe hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Lohnes. Die Aussage, dass gute Sprachkenntnisse nicht mehr als Bedingung für die Arbeit in der Pflege herangezogen werden sollten, bezeichnete sie als ungeheuerlich, auch angesichts der Forderungen nach einer hinwendungsbezogenen Pflege. Zudem »wanderten« die ausgebildeten Kräfte bereits regelrecht an Deutschland vorbei, wie Daniel Fuchs, pflegepolitischer Referent der Fraktion, ergänzte, und zwar nach Skandinavien, in die Niederlande oder die Schweiz.

Eine Aufwertung der Pflege ist nur durch familienfreundlichere Arbeitszeiten und entsprechend mehr Personal zu erreichen, so das Fazit des Gesprächs. Für eine dauerhaft stabile Finanzierung schlägt die LINKE die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung vor. Alle – auch die heute privat Versicherten – sollten dort entsprechend ihrer Einkommen aus Löhnen, Honoraren und Kapitalerträgen einzahlen, die Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge übernehmen. So ließen sich Leistungsausgrenzungen vermeiden.

Dringend sei auch der Pflegebegriff neu zu definieren. »Der stark auf die alltäglichen Verrichtungen bezogene aktuelle Begriff benachteiligt vor allem Menschen mit demenziellen Erkrankungen«, so Senger-Schäfer. Ein ganzheitliches Herangehen und eine selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft seien so nicht möglich. Pflege bedeute mehr als Unterstützung beim Kämmen, Waschen, Ankleiden und Essen, was auch noch im Minutentakt abgerechnet werden müsse. Um die Angehörigen zu entlasten, hat die LINKE ein Konzept entwickelt, wonach die Pflegenden sechs Wochen mit Lohnausgleich von der Arbeit freigestellt werden sollten, um eine professionelle Pflege für ihre Verwandten zu organisieren.

Auch über die Qualitätssicherung der Pflege habe sich die Fraktion Gedanken gemacht, so Senger-Schäfer: Für eine bessere Transparenz in den Pflegeheimen müssten Bewertungsinstrumente überarbeitet werden. Problemfragen wie die Dekubitusprophylaxe sollten dabei stärker gewichtet werden.

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