Sieg des konservativen Grünen

Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon im ersten Wahlgang im Amt bestätigt

  • Dirk Farke, Freiburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Überraschend wird Freiburgs Oberbürgermeister bereits im ersten Wahlgang bei geringer Wahlbeteiligung wiedergewählt.

Denkbar knapp, mit einem Stimmenanteil von 50,5 Prozent, sichert sich Freiburgs grüner Oberbürgermeister Dieter Salomon schon im ersten Durchgang seine Wiederwahl. Sein Herausforderer von der SPD, Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach, erhält 29,2 Prozent der Stimmen. Der Kandidat der links-alternativen Bürgerinitiative Wechsel im Rathaus (WiR), der Hochschulprofessor Günter Rausch, kommt auf 20,1 Prozent.

Grün und Schwarz

Nach dem Schließen der Wahllokale versammeln sich mehrere hundert Freiburger bei sommerlichem Temperaturen auf dem Rathausplatz. Sie blicken zur Anzeigetafel mit dem vorläufigen Ergebnis. Dieter Salomon liegt bei rund 50 Prozent der Stimmen, mal etwas darüber, mal etwas darunter. Die Frage an diesem Abend ist nicht, ob er die Wahl gewinnt, sondern nur, ob seine Herausforderer ihn unter 50 Prozent der Stimmen halten und damit einen zweiten Wahlgang erzwingen können.

Um 19.05 Uhr ist es amtlich, alle Stimmbezirke sind ausgezählt. Salomon übertrifft knapp die 50-Prozent-Marke. Kaum mehr als 400 Stimmen waren dafür entscheidend. Einen zweiten Wahlgang wird es nicht mehr geben. »Sehr schade«, seufzt Michel Moos, Gemeinderatsmitglied der Freiburger Linken Liste und vor acht Jahren Gegenkandidat von Dieter Salomon. Mit Freude hingegen nimmt Finanzbürgermeister Otto Neidek (CDU) das vorläufige Endergebnis zur Kenntnis: »Das war eine Punktlandung«, sagt er dem SWR.

Salomons Wandel

Das Wahlergebnis und die offene Unterstützung der CDU-Wähler für Salomon sind Resultate von dessen Wandel. Er ist nicht mehr, wie bei seiner ersten Wahl vor acht Jahren, der grüne Rathauseroberer, sondern Repräsentant des städtischen Establishments. Vor allem der unter seiner Federführung von der schwarz-grünen Mehrheit im Rathaus geplante Verkauf der städtischen Wohnungen machte es für die CDU obsolet, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Der hätte die Interessen der Konservativen auch nicht besser vertreten können. Und 56,7 Prozent der Stimmen für den Amtsinhaber in den CDU-Hochburgen sind ein beredetes Zeugnis. In den traditionell grünen Stadtteilen kam Salomon dagegen nur auf rund 48 Prozent der Stimmen. Zwar konnte die Verscherbelung der städtischen Wohnungen durch einen Bürgerentscheid im Jahre 2006 gerade noch verhindert werden. Aber nach wie vor müssen die Mieterinnen und Mieter in Freiburg mit fast 45 Prozent ihres Einkommens mehr als in jeder anderen deutschen Stadt für ihre Unterkunft ausgeben.

Sieg der Nicht-Wähler

Salomons Herausforderer punkteten vor allem in den Vierteln mit einem hohem Anteil an Sozialwohnungen sowie im alternativ-ökologischen Vorzeigestadtteil Vauban. Hatte Salomon hier 2002 noch triumphiert, hängte diesmal Günter Rausch mit mehr als 40 Prozent der Stimmen beide Konkurrenten ab. Vom SWR-Moderator auf dem Rathausplatz nach seiner Einschätzung des Wahlergebnisses gefragt, sagte Rausch: »Ich bin mit meinem Stimmenanteil mehr als zufrieden.« In Anspielung auf die offenkundige Bevorzugung des Amtsinhabers durch die Medien fügte er hinzu: »Schließlich habe ich gegen drei Kandidaten gekämpft.«

Unterdessen haben am Wochenende rund 100 »kapitalismuskritische Autonome« in der Freiburger Innenstadt ein seit mehr als einem Jahr leer stehendes Haus besetzt und dort ein »Nichtwähler-Café« eingerichtet. Dass sich an der Oberbürgermeisterwahl nur 45,2 Prozent der knapp 170.000 Wahlberechtigten beteiligten, deutet auf einen Erfolg der Aktion hin. Vor allem aber lässt die geringe Beteiligung den Gedanken aufkommen, dass die eigentlichen Wahlsieger wieder einmal die aktiven Nichtwähler sind.

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