Goldman sieht sich ohne Schuld

In der Anhörung nehmen US-Senatoren kein Blatt vor den Mund

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Vorstandsvorsitzende der Investmentbank Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, und andere Spitzenmanager sind in einer Anhörung des Senatsfinanzausschusses mit massiven Vorwürfen überhäuft worden.

Bei der Anhörung der Spitzenmanager der Investmentbank Goldman Sachs machten sich einige US-Senatoren den Unmut der Bevölkerung über die bedingungslose Profitorientierung an der Wall Street zu eigen und benutzten Ausdrücke, die sie ihren Kindern verbieten würden.

»Ihr oberstes Ziel ist, solche beschissenen Verträge zu verkaufen«, schimpfte der demokratische Senator Carl Levin und zitierte aus einer E-Mail, in der ein Goldman-Manager die Empfehlung gab, gegen ein durch die eigene Bank verkauftes Papier zu spekulieren. Die Mail war in einem der gewaltigen Ordner mit Beweismaterial enthalten, die auf den Tischen der Senatoren und der Manager lagen.

Die Stimmung auf dem Capitol Hill war bei der zehnstündigen Anhörung ohnehin aufgeheizt. Denn im Kongress setzen das Weiße Haus und die Spitzen der Demokraten im Senat derzeit alle Hebel in Bewegung, um Präsident Barack Obamas Finanzreform zu verabschieden. Zweimal schon hat die republikanische Minderheit im Senat eine Abstimmung verhindern können, weil nicht alle der 60 demokratischen Senatoren für die Vorlage der eigenen Partei gestimmt haben.

Die Anhörung der Investmentbank im Kongressausschuss begann am Dienstag, nachdem in der Vorwoche die Börsenaufsicht SEC Anklage gegen Goldman Sachs angekündigt hatte, weil sie Kunden »toxische« – also wertlose – Anlagen verkaufte und mit bankeigenem Geld gegen diese spekulierte. Im Senat ist man der Meinung, dass die Machenschaften der Investmentbanker noch weit über das hinausgehen. Im Raum stand sogar der unausgesprochene Vorwurf, die Wall Street habe die Immobilienblase, die Auslöser der Finanzkrise war, nur platzen lassen, um daran Geld zu verdienen.

Die Anhörung stand ganz im Zeichen der Profilierung der Senatoren als Kritiker der »Abzocker« von der Wall Street, die schon wieder genau so viel verdienen wie vor der Krise, während der Durchschnittsamerikaner unter Arbeitslosigkeit und Verschuldung leidet. Goldman-Chef Lloyd Blankfein gab auf Nachfragen seine Einkünfte für 2009 mit 600 000 Dollar Grundgehalt und neun Millionen an Boni an. Das US-Durchschnittsgehalt liegt bei 50 000 Dollar.

Blankfein versuchte, den Senatoren die komplizierten Vorgänge des Investmentbanking zu erklären, offenbar geschockt vom teilweise recht aggressiven Ton der Volksvertreter. Immer wieder hielt ihm Levin Zitate aus den Beweisordnern vor und nahm Erklärungen kaum zur Kenntnis.

Blankfein hob nur die Schultern: »Ich habe heute nichts gehört, was mich denken lassen würde, etwas sei falsch gewesen«, sagte er. Sein Haus habe sich nicht anders verhalten als andere auch, wie diese habe es den Crash nicht kommen sehen. Alle hätten versäumt, Alarm zu schlagen, dass zu viele billige Kredite gegeben wurden.

Der republikanische Senator John Ensign aus Nevada, Gegner der Finanzreform, meinte am Ende lakonisch: »In Las Vegas wissen die Leute, dass die Chancen gegen sie stehen. Sie spielen trotzdem.«

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