Schach-WM: Anand erstmalig in Führung

Inder siegt wieder mit Katalanischer Eröffnung

  • Dagobert Kohlmeyer, Sofia
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einem Drittel des WM-Matchs zwischen Viswanathan Anand (Indien) und Wesselin Topalow (Bulgarien) führt der Weltmeister mit 2,5:1,5 Punkten. In der gestrigen 4. Partie opferte er überraschend zwei Figuren und erhielt einen kraftvollen Angriff. Nach 32 Zügen gab Topalow auf.

Anand vertraute mit Weiß wieder der Katalanischen Eröffnung. Sie hatte ihm im 2. Spiel den Ausgleich im Match gebracht. Im 5. Zug ging der Herausforderer neue Wege, so dass es zu einem ganz anderen Spielverlauf kam. Topalow setzte dann am Damenflügel auf Angriff und sah das Unheil nicht, dass sich auf der anderen Brettseite um seinen König zuzusammenbraute. Anand brachte den Angriff gekonnt zu Ende.

Schon nach der 3. Partie war Topalow sichtlich verärgert. Anand hatte dort das solide Slawisch gewählt, so dass der Bulgare den Weißvorteil nicht wie zum Auftakt nutzen konnte. Am Ende musste der Herausforderer sich mit dem Remis begnügen. Als die Läufer im 33. Zug vom Brett verschwanden, war die Luft aus der Partie, das Endspiel konnte keiner mehr gewinnen. Topalow gab noch Dauerschachs, dann signalisierte Anand dem Schiedsrichter Zugwiederholung, was die Punkteteilung perfekt machte. Direkt sprach er Topalow nicht an. Beide Spieler verzichteten nach dieser Partie erstmalig auf den Händedruck. Darauf angesprochen, sagte Anand, »ich war nicht sicher, ob mir mein enttäuschter Gegner die Hand reichen würde.«

Topalow bemerkte mit verlegenem Blick, er habe es schlicht vergessen. War es der Ärger oder die Aufregung?

Die Spieler gehen hier nicht nur am Brett auf Distanz, sie wohnen auch in verschiedenen Hotels. Jeden Tag um 14.30 Uhr hält ein dicker Mercedes vor dem Hilton in Sofia. Er holt den Weltmeister und dessen Frau Aruna ab, mit 70 km/h sprinten sie dann, von der Polizei mit Blaulicht eskortiert, durch die Stadt. Die 2,5 Kilometer bis zum Militärklub legt der Konvoi, wenn es keine Staus gibt, in drei Minuten zurück. Topalow logiert mit seinem Team im näher gelegenen Grand Hotel. Er könnte das Stück zu Fuß gehen, lässt sich aber ebenfalls chauffieren. Auf der Straße würden ihn die Autogrammjäger zu sehr bestürmen.

In Sofia verfolgt ein Junge jeden Tag im Presseraum mit großen Augen die Partien. Kiprian Berbatow, Cousin des Fußballstars von Manchester United, 14 Jahre alt und schon Internationaler Schachmeister (ELO-Zahl 2481). Kiprians großes Vorbild ist Topalow. Der Junge glaubt fest daran, dass sein Idol trotz des Rückstandes noch Weltmeister wird.

Notation der 3. Partie vom Dienstag

Weiß: Topalow (Bulgarien) – Schwarz: Anand (Indien) Damengambit Slawisch: 1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 dxc4 5.a4 Lf5 6.Se5 e6 7.f3 c5 8.e4 Lg6 9.Le3 cxd4 10.Dxd4 Dxd4 11.Lxd4 Sfd7 12.Sxd7 Sxd7 13.Lxc4 a6 14.Tc1 Tg8 15.h4 h6 16.Ke2 Ld6 17.h5 Lh7 18.a5 Ke7 19.Sa4 f6 20.b4 Tgc8 21.Lc5 Lxc5 22.bxc5 Tc7 23.Sb6 Td8 24.Sxd7 Tdxd7 25.Ld3 Lg8 26.c6 Td6 27.cxb7 Txb7 28.Tc3 Lf7 29.Ke3 Le8 30.g4 e5 31.Thc1 Ld7 32.Tc5 Lb5 33.Lxb5 axb5 34.Tb1 b4 35.Tb3 Ta6 36.Kd3 Tba7 37.Txb4 Txa5 38.Txa5 Txa5 39.Tb7+ Kf8 40.Ke2 Ta2+ 41.Ke3 Ta3+ 42.Kf2 Ta2+ 43.Ke3 Ta3+ 44.Kf2 Ta2+ 45.Ke3 Ta3+ 46.Kf2 Remis.

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