In Palermo brennt die Luft

Müllhalden in der sizilianischen Hauptstadt sind überfüllt

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 3 Min.

Palermo versinkt im Müll. Letzte Nacht musste die Feuerwehr mehrmals ausrücken, um brennende Müllberge zu löschen und in einigen Fällen hatten die Flammen auch parkende Autos erreicht. Doch wenn die Abfallberge in Neapel vor zwei Jahren ein nationales und sogar internationales Problem geworden waren, kümmert sich heute niemand darum, dass die Lage in der sizilianischen Hauptstadt immer dramatischer wird.

Seit Monaten schon funktioniert die Müllabfuhr in Palermo nicht oder nur teilweise. Fast alle Halden in der Umgebung sind voll und können kein neues Material mehr aufnehmen und die städtische Müllabfuhr hat nicht genügend große Lkws, die den Abfall abtransportieren. Hinzu kommt, dass die Regionalverwaltung in Sizilien den Bau von neuen Verbrennungsanlagen erst einmal gestoppt hat, weil man die Einmischung der Mafia fürchtet. Diese nutzt die augenblickliche Lage allerdings sowieso aus, um ungestört Sonder- und Giftmüll irgendwo in der Landschaft abzuladen. All das führt zu einer unhaltbaren Situation: mitten in der Innenstadt, in der Peripherie und auch an den schönsten Orten der Küste rund um Palermo türmen sich die stinkenden Müllberge. Die Anwohner sind verzweifelt, aber da sie ja auch nicht wissen, wo sie ihre Haushaltsabfälle abliefern sollen, werfen sie ihre vollen Plastiktüten noch obendrauf – und nachts kommt jemand und zündet die improvisierten Deponien an. Danach stinkt es wenigstens nicht mehr so furchtbar, das Ungeziefer wird verscheucht, aber dafür entwickelt sich hochgiftiges Dioxin.

Die rechte Stadtverwaltung scheint absolut unfähig, die Lage irgendwie in den Griff zu bekommen und auch im Stadtrat wird über alles Mögliche diskutiert, nur nicht über das Müllproblem. Die Stadt schiebt die Schuld auf die Region (ebenfalls rechts regiert) und die wiederum auf die Stadt. Jetzt hat der Bürgermeister Diego Cammarata einen Aufruf an die Honoratioren gestartet und bittet sie, doch als Sponsoren die Kosten für die Miete von Mülltransportern zu übernehmen. Der Vorsitzende des örtlichen Fußballvereins, eine Bank und eine Zeitung haben sich bereit erklärt aber viel bringen wird das nicht, da man ja eigentlich gar nicht weiß, wohin man den städtischen Müll, wenn man ihn denn von den Straßen geholt hat, transportieren soll …

Ähnliche Probleme hatte vor zwei Jahren Neapel. Die Situation in der Hafenstadt wurde ganz schnell erst zum nationalen und dann zum internationale Problem. Silvio Berlusconi erklärte damals, dass all das nur Schuld der linken Stadt- und Regionalregierung sei und er – wenn man ihn nur ließe – Neapel ganz schnell wieder »in den zivilisierten Westen zurückführen« würde; was ein nicht unwesentlicher Faktor für seinen Erfolg bei den Parlamentswahlen 2008 war. Zum Teil und für eine gewisse Zeit wurde das Müllproblem in Neapel tatsächlich gelöst, wobei böse Zungen allerdings behaupten, dass dies nur durch Zugeständnisse an die organisierte Kriminalität möglich gewesen sei.

Um die Müllberge in Palermo kümmert sich hingegen niemand und Berlusconi schon gar nicht. Wenn überhaupt, dann berichten nur die Lokalzeitungen darüber, das Fernsehen schweigt sich aus und die internationalen Medien sind auch nicht präsent. Offenbar stinkt ein Abfallhaufen weniger, wenn er von einer Stadtverwaltung verursacht wird, die auf Berlusconis Seite steht.

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