Frankreich entdeckt die Sonne in der Sahara

Transgreen soll dem deutschen Wüstenstromprojekt Desertec nicht Konkurrenz machen

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Wüste scheint viel Sonne, die nicht genutzt wird. Noch nicht. Nun hat auch Frankreich die Energiequelle in Nordafrika entdeckt. Zusammen mit den Mittelmeeranrainern wollen französische Unternehmen gleich mehrere Hochspannungsleitungen zwischen Afrika und Europa unter dem Meer verlegen. Das eigens dazu gegründete Industriekonsortium Transgreen soll aber nicht dem deutschen Wüstenprojekt Desertec Konkurrenz machen.

Vor gut einem Jahr wurde das Projekt Desertec vorgestellt. Das Konsortium aus 17 vorrangig deutschen Unternehmen kündigte an, bis 2050 mit solarthermischen Kraftwerken in der Sahara rund 15 Prozent der europäischen Stromversorgung decken zu wollen. In Frankreich werden nun eigene Pläne geschmiedet. Und diese könnten viel schneller Wirklichkeit werden als die noch ziemlich nebulösen Pläne von Desertec.

Zusammen mit 43 Energieministern der Mittelmeeranrainer wurde bei einem Treffen in Kairo dieser Tage ein »Solarplan für die Mittelmeerregion« beschlossen. Zusammen wollen die Länder in der Wüste an die 20 Gigawatt Solarenergie bis 2020 produzieren, wovon fünf Prozent nach Europa verkauft werden sollen. Letzteres soll nach den Vorstellungen der Minister das Projekt rentabel machen. Dazu braucht es aber Hochspannungsleitungen. Deshalb wurde das Projekt Transgreen ins Leben gerufen, an dem bis jetzt elf französische Unternehmen beteiligt sind, darunter der französische Netzbetreiber RTE, der Stromriese EDF, der Anlagenbauer Alstom und der Kabelspezialist Nexans. Bald sollen spanische und nordafrikanische Firmen dazukommen. Derzeit verbindet nur ein Hochspannungskabel in der Meerenge von Gibraltar mit einer Kapazität von 1400 Megawatt die beiden Kontinente.

Das Transgreen-Konsortium will zunächst Machbarkeitsstudien erarbeiten. Ab 2012 soll das Projekt konkreter werden. Entsprechende Untersuchungen im Rahmen von Desertec haben schon gezeigt, dass das Unterwasser-Stromnetz kein leichtes Unterfangen wird: Rund vier bis fünf Prozent an Energie könnte auf 1000 Kilometer verloren gehen. Außerdem ist das Mittelmeer, worauf Umweltschützer hinweisen, ein sensibles Ökosystem. Die Umweltfolgen eines tausende Kilometer langen Kabelnetzes sind derzeit kaum untersucht.

Die Transgreen-Initiatoren haben indes angekündigt, mit dem Desertec-Konsortium zusammenarbeiten zu wollen. Angeblich ist der Chef von Transgreen, Christian Stoffaes, wegen seiner guten Beziehungen zu Deutschland in sein Amt gehoben worden. Auf beiden Seiten ist man bemüht, den Konkurrenzgedanken draußen zu halten. Beide Projekte stehen nämlich vor dem gleichen Problem, tausende Kilometer von Kabeln nicht nur durchs Meer, sondern auch durch teilweise politisch instabile Länder verlegen zu müssen. Und Siemens ist in beiden Mammutprojekten vertreten.

In jeden Fall müssen die beiden Konsortien miteinander Gespräche führen. Denn die Pläne von Transgreen sind sehr viel zeitnaher als die von Desertec: So soll der mediterrane Solarplan schon in zehn Jahren umgesetzt sein.

Entscheidend wird jedoch die Bereitschaft aller Akteure sein, die erforderlichen Milliardeninvestitionen zu stemmen. Nicht nur die Unternehmen, auch der deutsche und der französische Staat sollen mit finanziellen Hilfen beispringen. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will Desertec vor allem mit Exportfördermaßnahmen und Hermes-Bürgschaften unter die Arme greifen.

Die französischen Wüstenstrom-Pläne passen in das neue Ökoprofil von Präsident Nicolas Sarkozy: Er hat gleich noch den Aufbau einer eigenen Solarindustrie in Frankreich angekündigt. Bei Sarkozys umweltpolitischen Ankündigungen ist man aber auch in Frankreich spätestens seit der Absage an die groß angekündigte CO2-Steuer sehr vorsichtig geworden.

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