Rot-Rot schadet Platzeck nicht

Brandenburgs SPD-Chef verlässt den ersten Parteitag seit Start der Linksregierung gestärkt

20 Jahre nach der Wende tagte Brandenburgs Dauer-Regierungspartei erstmals als Partner der LINKEN. Die Geschichte nahm denn auch viel Raum ein beim SPD-Parteitag in Velten.

Gerüchte über Unzufriedenheit in der Partei hat es vor dem Brandenburger SPD-Landesparteitag am Wochenende genug gegeben – dem ersten nach dem Start von Rot-Rot. Doch Ministerpräsident Matthias Platzeck ist überzeugend im Amt bestätigt worden. 93,7 Prozent erhielt er am Sonnabend in Velten – zwei Prozent mehr als vor Rot-Rot. Stellvertreterinnen sind Fraktionsgeschäftsführerin Klara Geywitz (74 Prozent) und Kulturministerin Martina Münch (65 Prozent). Der nicht allzu populäre Generalsekretär Klaus Ness behauptete sich mit 61 Prozent.

Sparen und Personalabbau

Draußen vor der Ofen-Stadt-Halle protestierte die Gewerkschaft der Polizei. Es gehe gar nicht um das Weihnachtsgeld für die Beamten, dass nun doch nicht gezahlt werden soll, sondern um den geplanten Stellenabbau, die drohende Schließung von Wachen, sagte ein Gewerkschafter. Drinnen erklärte Platzeck, man stehe vor schwierigen Zeiten. Man könne nicht mehr jede Umgehungsstraße bauen und man müsse das Personal reduzieren. Nur die rot-rote Koalition könne dafür »die Kraft, die Klugheit und die Professionalität aufbringen«. Mit der LINKEN könne man sozialdemokratische Akzente setzen wie das Schüler-Bafög und den Mindestlohn als Bedingung für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dies wäre mit der CDU so nicht zu machen gewesen, so Platzeck.

Die SPD nutzte ihren Parteitag zu einem Rückblick auf die vergangenen 20 Jahre, in denen die Sozialdemokraten immer den Ministerpräsidenten stellten. Die Partei gab sich überzeugt, dass es auch in den nächsten 20 Jahren so sein werde. Ein Video erinnerte an die Gründung der Sozialdemokratischen Partei der DDR im nahen Schwante.

Natürlich habe die SPD auch Fehler gemacht. Etwa den, die Aufarbeitung nach der Auseinandersetzung um die Stasi-Kontakte des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe nicht energisch fortgesetzt zu haben. Dieser Fehler sei allerdings nachvollziehbar. Der Versuch einiger Medien und Politiker, die Abrechnung mit 40 Jahren SED-Diktatur ausgerechnet an Stolpe festzumachen, sei absurd gewesen. »Wenn das Aufarbeitung sein soll, dann vielen Dank!«, sei die Meinung gewesen. Daher gab es auch keine Regelüberprüfung im Parlament und keinen Stasi-Beauftragten. Besser wäre es gewesen, eine andere Aufarbeitung zu machen: »differenziert statt denunziatorisch«. Der Opposition warf Platzeck vor, diese Debatte für politische Knalleffekte zu benutzen. »Dumm und schädlich«, nannte er etwa die Aktion des CDU-Abgeordneten Dieter Dombrowski, der im Landtag in Häftlingskluft aufgetreten war.

Stolpes Vermächtnis

Der krebskranke Stolpe selbst verteidigte sein Lebenswerk. Mehr als drei Jahrzehnte lang habe er versucht, Zuspitzungen zu verhindern, erzählte der 75-Jährige. »Da waren die Einschüchterung und die Gewalt durch staatliche Organe in der DDR. Dann aber war es und ist es auch die Isolation, die Einsamkeit und die drohende Abwertung des Menschen in einem manchmal erbarmungslosen kapitalistischen Konkurrenzsystem.« Nicht der Ellenbogen, sondern die ausgestreckte Hand sei die wahre Stärke des Menschen. »Wir dürfen eine Zweiklassengesellschaft niemals hinnehmen!«

Die Diktatur habe eine große Bürde hinterlassen. Was strafrechtlich relevant war, musste bestraft werden. Dennoch: »Vergessen wir nicht die Menschen, die 1989 in staatlichen Funktionen waren, Polizisten, Soldaten, Grenzbeamte, Parteisekretäre, von denen viele Anteil daran hatten, dass nicht geschossen wurde. Auch sie gehören zur Geschichte dieser friedlichen Revolution.«

Für die nächsten 20 Jahre komme es darauf an, dass die Demokratie nicht ausgehöhlt, das Parlament nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen der anonymen Befehle des Finanzkapitalmarkts gemacht werde. Parteien vertreten Interessen, schloss Stolpe. Und die SPD vertrete die Interessen der kleinen Leute.

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