Erste faustdicke Überraschung der WM

Die defensivstarken Schweizer bezwingen die Europameister aus Spanien mit 1:0

  • Ulf Zimmermann, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Trainer Ottmar Hitzfeld und seine wackeren Schweizer haben bei der Fußball-WM in Südafrika für die erste Sensation gesorgt. Dank des Treffers von Gelson Fernandes in der 52. Minute blamierten die Eidgenossen Europameister Spanien und stellten mit dem 1:0 (0:0) den Spielverlauf im Moses-Mabhida-Stadion von Durban völlig auf den Kopf. Es war beinahe eine historische Niederlage für die haushoch überlegenen Spanier: Von den 53 Spielen zuvor hatten sie nur eines verloren, gegen die Schweiz noch nie. Die letzte Pleite in einem WM-Vorrundenspiel gab es 1998.

Die Niederlage entsprang spanischem Unvermögen vor dem Tor, großer Leidenschaft der Schweizer beim Verteidigen und einem überragenden Diego Benaglio. Der Torhüter vom VfL Wolfsburg war die unbezwingbare letzte Bastion beim Powerplay der Spanier. Der Europameister hatte in der zweiten Halbzeit Chancen fast im Minutentakt, kam einem Torerfolg aber nur beim Pfostentreffer von Xabi Alonso von Real Madrid nahe (70.). Aber auch der Schweizer Eren Derdiyok schoss den Ball nur gegen das Torgestänge (74.).

Ottmar Hitzfeld hatte sich bei seinem WM-Debüt als Trainer für eine mutige Aufstellung entschieden und Derdiyok hinter der einzigen Sturmspitze Blaise Nkufo aufgeboten. In der Offensive war von den Schweizer nichts zu sehen.

Die Spanier zogen in ihrem 50. WM-Spiel früh eine Art Powerplay in der Spielhälfte der Schweizer auf. Diese verteidigten bisweilen mit elf Mann im eigenen Strafraum, und ganz hinten stand Benaglio: Der Torhüter organisierte seine Vorderleute und stemmte sich mit schnellen Reaktionen gegen die spanischen Angriffe, entschärfte Chancen von David Silva (17.) und vor allem Gerard Pique (24.), in der zweiten Halbzeit unter anderem von David Villa (61.).

Fernando Torres saß bei Spanien zunächst nur auf der Bank. Der Torschütze beim Sieg im EM-Finale 2008 gegen Deutschland 2008 (1:0) hatte seine Knieverletzung auskuriert, wurde von Trainer Vicente del Bosque aber erwartungsgemäß nicht für die Anfangself berücksichtigt und kam erst in der 62. Minute ins Spiel. Als einzige echte Spitze bot del Bosque zunächst Villa auf, der zur neuen Saison zum FC Barcelona wechselt.

Bereits bei Barca beschäftigt ist Andres Iniesta. Der Mittelfeldspieler hatte seine Oberschenkelprellung rechtzeitig auskuriert, bildete ein eingespieltes Pärchen mit Klub-Kollege Xavi und war sofort wieder Dreh- und Angelpunkt der spanischen Offensive. Der Europameister trat wie gewohnt ball- und kombinationssicher auf, wusste mit dem Ball auch viel anzufangen, brachte ihn aber nicht im Tor von Benaglio unter.

Der fahrlässige Umgang mit den vielen Chancen rächte sich beinahe schon erwartungsgemäß: Bei einem der seltenen Vorstöße in die Spielhälfte der Spanier hatte Derdiyok einen Treffer auf dem Fuß, wurde aber mitsamt Ball von Torhüter Iker Casillas von den Beinen geholt. Den Abpraller stocherte der 23 Jahre alte Fernandes, geboren auf den Kapverden, am vergeblich hinterherhechtenden Casillas vorbei ins Netz.

Die Schweiz spielt nun am kommenden Montag in Port Elizabeth gegen Chile (1:0 gegen Honduras). Spanien steht wenige Stunden später im Ellis Park von Johannesburg gegen Honduras schon unter Siegzwang.

Spanien: Casillas - Sergio Ramos, Puyol, Piqué, Capdevila - Busquets (61. Torres) - Silva (62. Navas), Xavi, Xabi Alonso, Iniesta (77. Pedro) - Villa.

Schweiz: Benaglio - Lichtsteiner, Senderos (36. von Bergen), Grichting, Ziegler - Barnetta (90.+2 Eggimann), Huggel, Inler, Fernandes - Nkufo, Derdiyok (79. Yakin).

Tor: 0:1 Fernandes (52.). Schiedsrichter: Webb (England). Zuschauer: 62 452.

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