Der Müll von »Otto Hahn« geht auf Reisen

Maritime Atombrennstäbe sollen per Lkw nach Frankreich zum Verpacken gebracht werden

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.

Die »Otto Hahn« war einmal ein Stolz der bundesdeutschen Atomforschung. Nach dem sowjetischen Eisbrecher »Lenin« und der US-amerikanischen »Savannah« war sie das dritte nuklear angetriebene Überwasserschiff der Welt. Bei der Kieler Werft Howaldtswerke AG für 56 Millionen D-Mark gebaut und 1968 in Dienst gestellt, wurde das Forschungsschiff 1979 stillgelegt.

Die Brennelemente kamen in ein Lager der Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt (GKSS). Umweltschützer machen dieses Atomforschungszentrum, das neben dem Atomkraftwerk Krümmel an der Elbe liegt, für zahlreiche Leukämiefälle in der Region verantwortlich.

Jetzt kommt die Hinterlassenschaft der »Otto Hahn« wieder ins Gespräch. Die letzten 50 noch in Geesthacht lagernden abgebrannten Brennstäbe sollen in der nächsten Woche ins südfranzösische Atomzentrum Cadarache bei Marseille gekarrt und dort in einen Castorbehälter verpackt werden. Beantragt und genehmigt wurde ein Transport per Lastwagen. Die Strecke ist rund 1500 Kilometer lang und führt diagonal durch Deutschland. Der gefüllte Castor fährt dann wieder zurück, für den Behälter ist ein Stellplatz im vorpommerschen Lubmin angemeldet. Dort besteht das einzige Atommüll-Zwischenlager des Bundes.

Die Linke im niedersächsischen Landtag protestierte gestern gegen die Fuhre. Die Regierung in Hannover solle den Transport über Niedersachsens Straßen untersagen, verlangte Linken-Umweltexperte Kurt Herzog. Wenn er sich schon nicht ganz verhindern lasse, müsse der Transport über die Schiene laufen. »Jeder Transport solcher Brennstäbe stellt ein Risiko für die Anwohner der Transportstrecke dar, und eine Fahrt auf der Straße vervielfacht dieses Risiko«, sagte Herzog. Auch die Umweltorganisation Robin Wood wandte sich gegen den Lkw-Transport.

Die Landesregierungen sind dabei die richtigen Ansprechpartner für solche Appelle. Während das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Transporte grundsätzlich genehmigen muss, bestimmen die Länder den Termin, die Transportstrecke und das Beförderungsmittel. Warum die Brennelemente nicht auf dem Gelände des AKW Krümmel in einen Castorbehälter geladen werden können, begründet das für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium in Kiel mit einer fehlenden Erlaubnis. Es gebe keine Genehmigung, dass im Kernkraftwerk mit Brennstoff der »Otto Hahn« hantiert werden dürfe. Eine Ausnahmegenehmigung wurde demnach auch nicht beantragt. Die übrigen radioaktiven Hinterlassenschaften der »Otto Hahn« bleiben bis auf weiteres in Geesthacht. Darunter ist auch der Reaktordruckbehälter. Er lagert in einem unterirdischen Schacht des Forschungszentrums.

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