Volle Kraft voraus in die Regierung

In Nordrhein-Westfalen wollen SPD und Grüne eine rot-grüne Minderheitsregierung bilden

  • Lesedauer: 3 Min.
Jetzt versucht es Nordrhein-Westfalens SPD-Chefin doch. Nach langem Zögern nimmt Hannelore Kraft nun Kurs auf eine rot-grüne Minderheitsregierung. Auslöser der Kehrtwende soll ausgerechnet FDP-Landeschef Pinkwart gewesen sein.

Düsseldorf (dpa/ND). Nordrhein-Westfalen soll künftig von einer rot-grünen Minderheitsregierung geführt werden. Völlig überraschend einigten sich die Spitzen von SPD und Grünen am Donnerstag auf diesen Weg, mit dem der geschäftsführende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) aus dem Amt gedrängt werden soll. Rot-Grün fehlt im Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit, die Partner müssen sich bei einer Minderheitsregierung im Parlament wechselnde Mehrheit suchen.

SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft begründete ihre Kehrtwende mit Äußerungen von FDP-Landeschef Andreas Pinkwart. Dieser hatte in einem Interview geäußert, dass die FDP sich mit Auslaufen des schwarz-gelben Koalitionsvertrags nicht mehr an die CDU gebunden fühle. CDU und FDP hätten den Koalitionsvertrag der letzten Legislaturperiode »abgearbeitet«, hatte Pinkwart der »WAZ« gesagt. Die FDP wolle nun im Landtag auf eigene Rechnung für »Mehrheitsentscheidungen im Interesse des Landes« werben.

»Damit ist eine handlungsfähige Regierung hier in Düsseldorf nicht mehr gegeben«, sagte Kraft in einer eilig anberaumten Pressekonferenz vor dem Plenarsaal. Im Zweifelsfall könnte sich der geschäftsführende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) nur noch auf die Stimmen der 67 CDU-Abgeordneten im 181 Mitglieder starken Fünf-Parteien-Parlament verlassen. »Diese instabilen Verhältnisse verlangen jetzt ein schnelles, konsequentes Handeln«, sagte Kraft.

Die Sozialdemokratin will sich schon in der nächsten Plenarsitzung am 13. oder 14. Juli zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Im vierten Wahlgang wäre dies mit einfacher Mehrheit möglich – auch ohne die Stimmen der Linkspartei. Kraft wollte zunächst einen Politikwechsel aus dem Landtag heraus herbeiführen. Damit wäre Rüttgers bis auf weiteres geschäftsführend im Amt geblieben. Allerdings hatten vor allem die Grünen in Land und Bund und Teile der SPD in Berlin den Druck auf Kraft verstärkt, Rüttgers schnell abzulösen.

Erst am Montagabend hatte der Parteirat der NRW-SPD beschlossen, vorerst keine Minderheitsregierung anzustreben. Kraft wollte sich diese Option ursprünglich vorbehalten, falls nur NRW im Bundesrat entscheidende Vorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung stoppen könnte. Sie nannte unter anderem das Sparpaket und die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke.

Der SPD-Landesvorstand habe nun einstimmig in einer Telefonkonferenz beschlossen, zügig Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aufzunehmen, berichtete Kraft. Auch die Sondierungskommission der Grünen habe dies bejaht, sagte Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann. »Wir freuen uns, gemeinsam zu gestalten.«

Die Vorsitzenden der LINKEN, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, erklärten zu der geplanten Minderheitsregierung in einer gemeinsamen Mitteilung: »Wir haben immer gesagt, dass Rüttgers weg muss, damit der Sozialabbau von Schwarz-Gelb im Bundesrat gestoppt werden kann. Die LINKE wird sich so verhalten, dass das möglich wird. Wir werden eine rot-grüne Minderheitsregierung daran messen, ob sie einen Politikwechsel einleitet.«

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