Die Linken können feiern

Reichhaltiges Programm lockte 15 000 Besucher in die Kulturbrauerei

  • Antje Stiebitz
  • Lesedauer: 4 Min.
Blick über die Kulturbrauerei
Blick über die Kulturbrauerei

Das ganze Wochenende feierten rund 15 000 Menschen mit dem ND, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Partei die LINKE in der Kulturbrauerei zum dritten Mal »Das Fest der Linken«. Das bunte Programm machte die Auswahl schwer und bot für jeden Geschmack etwas: Polit-Diskussionen, Tanz und Musik, Literatur, »das Global Village« und Programme für die Kleinen.

Am Samstagvormittag – nach einem kurzen Regenschauer und der a capella-Band »MUSIX« – betraten die neuen Parteivorsitzenden der LINKEN, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, das Podium der ND-Live-Bühne. ND-Chefredakteur Jürgen Reents und die stellvertretende Chefredakteurin Gabriele Oertel befragten die Beiden zur baldigen rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen, zur Regierungswilligkeit der LINKEN, zum belasteten Verhältnis zur SPD sowie zum internen Zustand der Linkspartei. Es gebe noch viele Genossen, die sich mit dem neuen gemeinsamen linken Projekt nicht so ganz angefreundet hätten, erklärte Ernst. Lötzsch ergänzte, dass man nur zusammenkomme, wenn man gemeinsame Projekte unternehme und das wolle sie jetzt in Angriff nehmen.

Vom ehemaligen Parteichef Oskar Lafontaine bis zum Podium begleitet, stieg dann auch LINKE-Bundespräsidentschaftskandidatin Luc Jochimsen in die Diskussion ein. Sie vertrete drei Kernthemen – sie möchte für eine friedlichere Gesellschaft eintreten, verstehe sich als Schirmherrin der Schwachen, weil diese momentan wirklich Unterstützung bräuchten und möchte die Vereinigung von Ost und West voranbringen, erklärte sie.

Unbestrittener Höhepunkt war das Wiedersehen mit dem Ehrengast Angela Davis. Klatschten die Zuhörer gerade noch zu den flotten Polka-Rhythmen der Band »Polkaholix« wurde es im Innenhof der Kulturbrauerei still als die US-Bürgerrechtlerin die Bühne betrat. »Die meisten in meinem Alter oder etwas jünger haben schon einmal eine Postkarte an sie geschrieben«, begann Gregor Gysi, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, das Gespräch. Damit erinnerte er an die ungewöhnliche Solidaritätskampagne »Eine Million Rosen für Angela«. Damals schickten Hunderttausende DDR-Schulkinder Postkarten an die Kommunistin Angela Davis, die wegen einer fingierten Mordanklage im Gefängnis saß. Diese ausdrucksstarke und emotionale Aktion der Solidarität habe dazu beigetragen, dass sie freigekommen sei, sagte sie bewegt und begann zu lachen. Am ersten Tag seien 10 gekommen, dann 100, dann 500 und so ging es weiter, sie seien in Postsäcken ausgeliefert worden. »Ich erinnere mich auch an deine Gregor.«

Die 66-Jährige berichtet vom Rassismus ihrer Kindheit und den häufigen Bombenanschlägen gegen Schwarze. Ihre Eltern, so Davis, hätten ihr immer gesagt, dass diese Situation nicht normal ist, und dass man dagegen kämpfen kann. Bis heute engagiert sie sich gegen die Todesstrafe, Rassismus, Sexismus, für politische Gefangene, für soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Frieden. Gysi verabschiedet sich mit den Worten: »Du bist eine taffe, tapfere, kluge und schöne, eine wundervolle Frau.« Standing Ovation für Angela Davis und vielleicht etwas Enttäuschung darüber, dass sie kaum zur aktuellen Politik der USA befragt wurde.

Kurz darauf diskutieren André Brie, Experte für Außenpolitik (LINKE) und der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne), mit ND-Außenpolitik-Chef Olaf Standke, über die aktuelle Lage am Hindukusch. Die Teilnehmer schilderten ein bedrückendes Szenario, das das Publikum zu lautstarker Empörung veranlasste. Brie erklärte etwas hilflos, dass diese Stimmung in der Bevölkerung endlich auf die Straße gebracht werden müsse.

Am Sonntag sorgte das Swing Dance Orchestra trotz der dunklen Wolken für beschwingte Stimmung. Die Fraktionsvorsitzenden der SPD und der LINKEN aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, Michael Müller und Udo Wolf, und deren Amtskollegen aus Potsdam, Dietmar Woidke und Kerstin Kaiser, berichteten in einer Runde manch Gutes über die rot-rote Zusammenarbeit. Der Brandenburger SPD-Fraktionschef verblüffte mit der Idee, beim Thema Fusion nicht nur über die Länder nachzudenken. Da erntete er allerdings Zurückhaltung.

Kabarett mit Wladimir Kaminer und Musik von Aurora Lacasa ließen ein wirklich anregendes Wochenende ausklingen.

Siehe auch Fotogalerie Pressefest

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