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Reflexartig
Der Vorgang erinnert fatal an jene Reflexe, die Pawlow bei Hunden untersucht hat. Angesichts eines in Aussicht gestellten Mahles tropft den Vierbeinern automatisch der Zahn, ohne nennenswerte Inanspruchnahme des Hirns. Ähnlich bei einigen FDP-Granden: Kaum wird durch neue Hochrechnungen prognostiziert, dass das Defizit im Bundeshaushalt doch nicht ganz so üppig ausfallen könnte wie befürchtet, melden sich wieder die zu Wort, denen nur eine Maxime geläufig ist: Steuersenkung. Assistiert von Gleichgesinnten auch aus der Unionsfraktion meint FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, nun sei das Lieblingsprojekt seiner Partei doch bis 2013 auf den Weg zu bringen.
Irgendwelche Ideen, mit dem unverhofften Gestaltungsspielraum – der zudem bisher lediglich auf dem Papier steht – die jüngsten Sparpläne zu entschärfen und die weiter fragile Konjunktur zu stärken, kommen nicht auf. Bedingte Reflexe geben solche Gedankenspiele eben nicht her. Ganz zu schweigen davon, dass selbst das nunmehr »nur noch« auf 60 Milliarden Euro geschätzte Defizit immer noch einen singulären Charakter in der Geschichte der Bundesrepublik hat. Offenbar schmerzt aber der heftige Absturz in der Wählergunst die FDP noch nicht so sehr, dass sie das Suizidäre jener finanzpolitischen Schlichtheit erkennt.
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