Warnstreiks bei Mosaik

Forderung nach mehr Geld vom Berliner Senat

Die Beschäftigten der Berliner Mosaik-Werkstätten, die mit Menschen mit Behinderung arbeiten, fordern gerechte und angemessene Löhne.

Die Gesellschaften sind gemeinnützig und leisten Dienst für die Wohlfahrt. Für die Belegschaft ist das jedoch kein Schutz vor prekärer Entlohnung: Klaus Schroeder von der Bildungsgewerkschaft GEW findet es einen Skandal, dass bei den Berliner Mosaik-Werkstätten die Beschäftigten für ihre Arbeit mit Behinderten »völlig unzureichend« vergütet werden, »obwohl sie eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft übernehmen«. Anfang Juni streikte die Belegschaft am Standort in Charlottenburg, zwei Wochen später in Kreuzberg. Es waren die ersten Warnstreiks in den Mosaik-Werkstätten, die vor 45 Jahren der Deutsch-Amerikanische Frauenclub als Verein gründete. In der Anfangszeit war die Betreuung der Behinderten ehrenamtlich; im Laufe der Jahre hat sich daraus ein mittelständisches Unternehmen mit 380 Mitarbeitern entwickelt.

Stefan Thyroke von ver.di ist mit der Resonanz beim Warnstreik in Kreuzberg zufrieden: Von 32 Beschäftigten in den Werkstätten und Fördergruppen legten 26 die Arbeit nieder. In einer Tarifkommission fordern GEW und ver.di eine Vergütung, die der Bezahlung des Landes entspricht. Davon ist die Belegschaft von Mosaik allerdings meilenweit entfernt: Sie wird nach zwei unterschiedlichen Modellen bezahlt. Eine besser gestellte Gruppe bekommt 12 Prozent weniger als der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD); die Beschäftigten, die ab 2002 eingestellt wurden, gar 25 Prozent weniger.

Einigkeit darüber, dass die Gehälter ungerecht sind, besteht auch mit Jens Bäumer, dem Geschäftsführer von Mosaik. Die Schere zwischen diesen beiden Lohngruppen müsse wieder geschlossen werden. Bäumer bot an, die Gehälter der schlechter Verdienenden um fünf Prozent anzuheben – durchaus aus Eigennutz: Denn mit der bisherigen Entlohnung gelinge es seinem Unternehmen nicht mehr, qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen. Um mehr zu zahlen, benötigt er allerdings zusätzliche Mittel vom Senat.

In einer Klausurtagung der Landesarbeitsgemeinschaft der Berliner Werkstätten für Behinderte wird bis zum Wochenende über die Gehälter in der Branche beraten. Bäumer will andere freie Träger als Mitstreiter finden; dann sei es einfacher, eine Refinanzierung der Lohnerhöhungen durch den Senat zu erreichen. Thyroke von ver.di sieht in einer solchen Gemeinschaft eine bessere gewerkschaftliche Verhandlungsmöglichkeit: »Dann gäbe es einen Arbeitgeberzusammenschluss in der Behindertenbetreuung.« Das bisherige Angebot Bäumers lehnt die Tarifkommission ab.

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