Chancenungerechtigkeit

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.

Als Annette Schavan vor fünf Jahren ihr Amt als Bundesbildungsministerin antrat, hatte sie noch eine Vision: Anstelle des Bafög, das einst dazu geschaffen wurde, Studierenden aus einkommensschwächeren Familien den Lebensunterhalt zu finanzieren, sollte die Wirtschaft Stipendien schaffen; dafür sollte sich der Staat künftig mehr um die Förderung die Leistungsbesten unter den Nachwuchsakademikern kümmern. Das Schlagwort, mit dem Schavan damals im Schulterschluss mit der FDP gegen das Bafög zu Felde zog, lautete: Chancengerechtigkeit! Gerecht sei, so das Credo, wenn der, der mehr leisten könne, auch dafür belohnt werde.

Heute hat Schavan den Koalitionspartner, mit dem sie ihre Vision umsetzen könnte. Doch nicht nur die Wirtschaftskrise machte dem Vorhaben eines nationalen Stipendienprogramms für die leistungsbesten Studenten einen Strich durch die Rechnung – das gesellschaftliche Klima insgesamt hat sich geändert. Die Mittelschicht erodiert. Im Zentrums dieser Gesellschaft wächst damit parallel zur Angst vor dem sozialen Abstieg die Kritik an der Bevorteilung derer, die eh schon im Vorteil sind. Es gibt dafür noch keinen Begriff, aber die Formulierung »Chancenungerechtigkeit« kommt ihm schon sehr nahe.

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