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Blatter knickt ein

FIFA denkt nun doch über Chip im Ball nach

  • Arne Richter, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei Tage schwieg Joseph Blatter zu den Schiri-Pannen bei der WM. Jetzt reagierte der FIFA-Boss entschlossen. Noch im Juli sollen die Regelhüter des Fußballs über technische Hilfsmittel diskutieren. Der bisher verpönte Chip-Ball hat plötzlich wieder eine Chance.

Nach den umstrittenen Pannen-Pfiffen hat FIFA-Boss Joseph Blatter das Schiedsrichter-Thema zur Chefsache erklärt und einschneidende Reformen noch in diesem Jahr angekündigt. Seine bisherige Skepsis gegenüber technischen Hilfsmitteln ist angesichts der Fehlleistungen verflogen.

»Das ist ein großes Thema. Die Zukunft des internationalen Fußballs ist mit der Kontrolle des Spiels verbunden«, sagte Blatter am Dienstag in Johannesburg. »Es wäre unsinnig, sich darüber keine Gedanken zu machen. Wir müssen dieses Thema wieder diskutieren.«

Keine zehn Tage nach dem WM-Finale von Johannesburg sollen die Regelhüter des International Football Association Boards (IFAB) bei ihrem eigentlich für Finanzfragen angesetzten Treffen in Cardiff (Wales) wieder über den Chip-Ball und andere mögliche Reformen debattieren. »Im Oktober, November werden wir ein neues Modell hervorbringen, mit dem das Spitzen-Schiedsrichterwesen verbessert wird«, sagte Blatter.

Vor knapp vier Monaten hatte die FIFA-Linie noch ganz anders geklungen. »Die Frage war, sollen wir Technik im Fußball zulassen, und die Antwort war ganz klar: Nein! Die Technologie muss aus dem Spiel herausgehalten werden«, hatte Generalsekretär Jêrome Valcke nach der IFAB-Sitzung im März gesagt. Das Regelgremium, dem vier FIFA-Vertreter und je ein Mitglied der nationalen Verbände aus England, Wales, Schottland und Nordirland angehören, hatte alle technischen Hilfsmittel untersagt. »Wir können die Entscheidung nicht rückgängig machen, jetzt müssen wir nach vorne schauen«, so umschrieb es Blatter am Dienstag.

Bei den Verbänden Englands und Mexikos, die durch Fehler der Schiedsrichter offensichtlich benachteiligt wurden, hat sich Blatter entschuldigt. »Ich habe ihnen gesagt: Es tut mir leid, was geschehen ist«, erzählte der FIFA-Boss von seinem »Kniefall«. Die Sühneaktion des Präsidenten sei von den Teams gut aufgenommen worden. Materielle und emotionale Schäden aber bleiben. »Es ist ein ökonomischer Aspekt und ein sozialer Aspekt. Deswegen ist das Schiedsrichterwesen so wichtig«, betonte Blatter.

Im Achtelfinale zwischen Deutschland und England (4:1) hatte Schiedsrichter Jorge Larrionda aus Uruguay ein klares Tor von Frank Lampard nicht gegeben, obwohl der Ball rund 40 Zentimeter hinter der Linie aufgesprungen war. In der Partie Argentinien gegen Mexiko (3:1) übersah Schiedsrichter Roberto Rosetti beim Führungstreffer der Südamerikaner eine klare Abseitsstellung des Torschützen Carlos Tevez. »Das waren keine Fünf-Sterne-Spiele der Schiedsrichter«, sagte Blatter.

Ohne konkrete Aussagen wurde deutlich, dass Blatter einen Videobeweis weiterhin ablehnt. »Fehler kann man auch mit 100 Kameras nicht verhindern«, sagte er. Das im Tennis übliche Hawk-Eye sei für den Fußball nicht brauchbar. Der Chip-Ball, der dem Referee signalisert, dass das Spielgerät im Tor ist, dürfte hingegen wieder in Betracht gezogen werden. Blatter gilt auch als großer Befürworter von Profi-Schiedsrichtern. Auch dieses Thema dürfte bei den anstehenden Debatten auf der Tagesordnung stehen.

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