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Von Staatspleite zu Staatspleite?

Symposium in Leipzig zum Ende der DDR und zur aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise

  • Hans-Georg Draheim, Leipzig
  • Lesedauer: 2 Min.
»War die DDR pleite, oder geht die BRD bankrott?« Diese Frage stand am Samstag im Mittelpunkt eines Symposiums in der Alten Handelsbörse in Leipzig.

Der Saal war voll. Circa 400 Menschen waren gekommen, um anlässlich des 20. Jahrestags der Währungsunion miteinander zu diskutieren – über das Ende der DDR wie über die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise im geeinten Deutschland. Hans Modrow, der vorletzte Ministerpräsident der DDR, sprach das Geleitwort zu dem Symposium, zu dem gleich eine ganze Reihe von Veranstaltern eingeladen hatte, darunter das Ostdeutsche Kuratorium von Verbänden e.V. (OKV) und Mitgliederverbände in Sachsen, der Leipziger Stadtverband der LINKEN sowie die Tageszeitung »junge Welt« und der Berliner Verlag edition ost.

Die Frage, ob die DDR finanziell und ökonomisch pleite war, verneinte der Autor Klaus Blessing auf dem Podium eindeutig. Blessing, der selbst in seinem Buch »Die Schulden des Westens« untersucht hat, wie die DDR zum Wohlstand des Westens beigetragen hat, bezog sich in seinen Aussagen auch auf Untersuchungsergebnisse von Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Diese waren zum gleichen Schluss gekommen. Der Wirtschaftshistoriker Jörg Rösler fügte hinzu, dass der Ruin der DDR-Wirtschaft vor allem die Folge der Währungsunion von 1990 gewesen sei.

Als Hauptursachen für die aktuelle Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise hingegen sah die LINKEN-Bundestagsabgeordnete Barbara Höll auf dem Podium hauptsächlich Lohn- und Sozialdumping und die schwerwiegenden Folgen für den wirtschaftlichen und sozialen Niedergang der Gesellschaft. Höll plädierte daher für sozial gerechte Reformen vor allem im Steuer- und Energiebereich.

Politisch, sozial und ethisch sei die Bundesrepublik am Ende, betonte Klaus Blessing. Zugleich stehe der Staat mit weiter wachsenden Billionenschulden vor dem finanziellen und wirtschaftlichen Bankrott. Der Zeitpunkt dafür sei jedoch nicht vorhersehbar.

Andere hingegen, etwa der Leipziger Professor Ekkehard Lieberam, sahen die Ursachen der krisenhaften Finanzmarkt- und Wirtschaftsentwicklung im Wesen des kapitalistischen Systems. Lieberam forderte daher auch grundsätzliche Veränderungen vor allem beim kapitalistischen Eigentum in Verbindung mit einer Umgestaltung des gesellschaftlichen Systems.

Bedauerlicherweise fanden nicht alle der angekündigten Referenten den Weg nach Leipzig. Der Inhalt der Debatte blieb daher in Breite und Tiefe in manchen Aspekten hinter den Erwartungen zurück. Dies schlug sich leider auch in der »Leipziger Erklärung« nieder, in der vor allem aktuelle linke Positionen zur alternativen Wirtschafts- und Sozialpolitik nur zum Teil berücksichtigt und diskutiert wurden. Jedoch: Die Erklärung, die am Ende der Veranstaltung angenommen wurde, lässt immerhin noch viel Raum für weitere Debatten.

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