Mehr Malaria durch Abholzung

Studie beleuchtet Nebenwirkung der Regenwaldvernichtung

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Norbert Suchanek, Rio de Janeiro

Malaria ist bis heute eine der schlimmsten Plagen der Tropen. Laut Weltgesundheitsorganisation sterben pro Jahr etwa 860 000 Menschen daran, vor allem in Afrika, wo alle 30 Sekunden ein Kind dem von Moskitos übertragenen Fieber erliegt. Nun kommt eine US-amerikanische Studie zum Schluss, dass die Abholzung der Regenwälder erhebliche Mitschuld an der Ausbreitung der Malaria trägt.

Forscher von der Universität von Wisconsin verglichen die Abholzungsraten von 54 Gesundheitsbezirken im brasilianischen Amazonasgebiet an der Grenze zu Peru mit der Zahl der Malariaerkrankungen. Ergebnis: Bereits die Rodung von vier Prozent des Regenwalds im Untersuchungsgebiet führte zu einem Anstieg der Malaria-Infektionen um 48 Prozent. »Es scheint, dass Entwaldung einer der auslösenden ökologischen Faktoren für eine Malaria-Epidemie ist«, sagt Sarah Olson, Co-Autorin der Studie.

Abgeholzte Flächen, durchzogen von Fahrspuren mit stehenden Pfützen, weggeworfene Reifen, aufgestaute Bäche und von Goldsuchern gegrabene Erdlöcher böten ideale Fortpflanzungsbedingungen für die Stechmücke Anopheles darlingi, die die Malaria-Erreger überträgt. »Unsere Ergebnisse lassen sich wahrscheinlich auf viele Teile Amazoniens übertragen«, glaubt der Koordinator der Studie Jonathan Patz.

Für die Malaria-Forscher des brasilianischen Gesundheitsforschungsinstituts Fiocruz ist diese Erkenntnis allerdings nicht neu. »Die Malaria ist eine Krankheit der Waldgebiete. In unserem Fall ist es der Mensch, der in das Land der Moskitos eindringt«, sagt Claudio Tadeu Daniel-Ribeiro, leitender Malaria-Forscher des Instituto Oswaldo Cruz und Fiocruz. Dennoch schaffte es Brasilien, die Malariafälle drastisch zu reduzieren. Erkrankten in den 1940er Jahren jährlich noch etwa sechs Millionen Brasilianer neu an dem gefährlichen Wechselfieber, waren es 2009 trotz drastisch gestiegener Einwohnerzahl »nur« noch 306 000 Neufälle. Gleichzeitig verringerten sich auch die tödlichen Verläufe. 1984 starben in Brasilien noch 897 Menschen an Malaria, 2009 nur noch 58.

Schon 2006 kam die Forscherin Márcia Caldas de Castro zu dem Schluss, dass die Malaria-Fälle lediglich in der Anfangsphase der Abholzung und Besiedlung steil ansteigen. Mit Ausweitung der landwirtschaftlichen sowie der urbanen Flächen gingen die Malaria-Fälle wieder zurück.

Der entscheidende Faktor ist deshalb wohl nicht die Abholzung selbst, sondern das Hinterlassen künstlicher stehender Gewässer: Straßenpfützen, vollgelaufene Gold- und Diamanten-Gruben sowie aufgestaute Bäche und Flüsse. Stehendes Wasser im Halbschatten ist bekannterweise ideal für die Entwicklung der Anopheles-Larven. Gerade Großstaudämme wie das am Rio Xingu von der Regierung Lula da Silva beschlossene und heftigst von den betroffenen Ureinwohnern abgelehnte Belo-Monte-Wasserkraftwerk, oder das bereits im Bau befindliche Wasserkraftwerk Jirau am Rio Madeira können sich deshalb in Amazonien zu regelrechten Seuchenherden entwickeln. So stiegen schon mit Beginn der Bauarbeiten des Jirau-Kraftwerks die Malaria-Fälle in dem betroffenen Gebiet des Amazonas-Staates Rondônias zwischen Juli 2008 und Juli 2009 um 63 Prozent auf 1524 Erkrankungen an.

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