Vatikan verschärfte Normen

Schnellverfahren bei Missbrauch möglich

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Rom (AFP/ND). Der Vatikan hat die kirchenrechtlichen Normen für das Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche verschärft. Die am Donnerstag veröffentlichten Regeln ermöglichen nun kirchliche Schnellverfahren. Die neuen Vorschriften seien ein »klares Signal für die rückhaltlose Aufklärung und Ahndung solcher Untaten«, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.

Die von der Glaubenskongregation unter US-Kardinal William Levada erarbeiteten neuen Kirchenregeln sehen für die »dringendsten und schwersten Fälle« sogenannte Schnellverfahren vor. Dies ermöglicht, ein Verfahren außergerichtlich zügiger abzuwickeln oder den Fall direkt dem Papst vorzulegen, wie Vatikansprecher Federico Lombardi erläuterte. Das Oberhaupt der katholischen Kirche entscheidet dann über die Entlassung eines Priesters.

Mit dem neuen Regelwerk wird zudem die Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen, die bisher zehn Jahre nach Erreichen der Volljährigkeit des Opfers betrug, auf 20 Jahre angehoben. Diese Frist kann laut Lombardi noch verlängert werden. Dies war auch unter der bisherigen 10-Jahres-Regelung bereits möglich. Der Umgang mit pädophilen Geistlichen in der katholischen Kirche stützt sich auf das Kirchenrecht und ein Dekret, das sogenannte Motu proprio, das der frühere Papst Johannes Paul II. im Jahr 2001 veröffentlicht hatte. Grundlage war ein Dokument der Glaubenskongregation, die damals von Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst, geleitet wurde.

Die Glaubenskongregation verschärfte und erweiterte nun ihr Regelwerk, auf dem das päpstliche Schreiben basierte. So wurde der sexuelle Missbrauch von geistig Behinderten mit dem Missbrauch Minderjähriger gleichgesetzt und der Besitz von kinderpornografischem Material als Tatbestand aufgenommen. Neu ist auch, dass künftig Laien in Kirchengerichte berufen werden können. Die katholische Kirche wolle »mit Strenge und Transparenz« gegen pädophile Geistliche vorgehen, sagte Vatikansprecher Lombardi.

»Das neue Dokument der Glaubenskongregation stellt ein eindeutiges Zeugnis zugunsten der Opfer von Verfehlungen und Verbrechen im kirchlichen Raum dar«, erklärte Zollitsch. Die Kirche sei bereit, das Unrecht aufzuarbeiten und Konsequenzen zu ziehen.

Die katholische Kirche wird seit Monaten von einer Serie von Missbrauchsfällen auf der ganzen Welt erschüttert.

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